30. November 2015

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Jetzt quetscht sich Herr Brouwer an uns allen vorbei und öffnet die Terrassentür. Wir folgen ihm nach draußen. Er erklärt, dass der Garten leider etwas verwildert ist, weil sie es körperlich nicht mehr schaffen, sich um ihn zu kümmern, was auch der Grund ihres Umzugs ist. Die Mädchen von nebenan jäten die Beete und mähen den Rasen, aber sie gehen ja zur Schule und haben ihr eigenes Leben, da wollen sie nicht zur Last fallen.
Außer bei Mommi habe ich nichts mit Gärten zu tun, daher glaube ich, dass er bei uns nicht ordentlicher aussehen würde. Der Garten ist wie das Haus eher lang als breit und hat drei Zugänge: den einen durch die Terrassentür, den zweiten durch das Gässchen neben dem Haus, das zur Straße führt. Und dann windet sich zwischen der Hinterseite der Häuserzeile und den angrenzenden Wiesen noch ein Trampelpfad her. Auf einer der Wiesen steht übrigens ein weißes Pony herum.
Die Karawane macht kehrt und Herr de Vos führt uns treppauf unters Dach. Dort sind zwei etwa gleich große Räume mit sehr viel Schrägfläche, im einen eine Mischung aus Rumpelkammer und Luuks Kinderzimmer, im anderen das Schlafzimmer des Ehepaars.
Beide haben in der Giebelwand ein Fenster, und zwei Dachfenster lassen zusätzlich Tageslicht herein.
Als wir wieder unten im Wohnzimmer angekommen sind, gibt uns der Vermieter eine genaue Aufschlüsselung von Miete, Nebenkosten und all den anderen Zahlen, die mich aber leider gar nicht mehr interessieren. Die Küche ist winzig, kleiner noch als meine jetzige! In diesem Haus kann ich nicht wohnen, Bad mit Fenster hin oder her.
„Und, was denken Sie? Wollen Sie das Haus mieten?“, will Herr de Vos wissen.
„Es ist hübsch“, sagt Miloš, was bei ihm wie „hubsch“ klingt. Das mit dem Umlaut kriegt er immer noch nicht hin. „Man müsste natürlich renovieren.“
„Natürlich müssen Sie das“, mischt Frau Brouwer sich ein, „wir haben über zwanzig Jahre hier gewohnt und das letzte Mal vor fünf Jahren neu gestrichen.“
„Sechs“, verbessert ihr Mann sie. „Und die Tapeten sind noch vom Vormieter.“
„Das stimmt nicht, Luuk hat doch tapeziert!“
„Aber nur in der Küche und im Bad.“
Herr de Vos unterbricht die Debatte in einem frühen Stadium und wendet sich noch einmal an uns beide: „Was meinen Sie, kommen wir ins Geschäft?“
Miloš hat vorher noch eine Frage. „Wenn wir renovieren, können wir dann auch eine Wand umsetzen?“
„Was? Eine Wand umsetzen? Wozu soll denn das gut sein?“
„Also, das Haus ist eigentlich genau richtig, aber die Küche ist viel zu klein. Aber wenn wir die Wand zwischen Küche und Wohnzimmer umsetzen, dann wäre mein Freund sicher nicht mehr zu stoppen. Er kocht so gerne. Davon abgesehen sind nämlich alle seine Bedingungen erfüllt: Altstadt, Miete gut, Bad mit Fenster.“
„Ah!“, macht er, „Sie haben die Durchreiche noch nicht gesehen!“ Er geht zum Esstisch im hinteren Teil des Raumes und umkurvt ihn. „Schauen Sie mal, mit Schiebetür. Sehr praktisch, so stößt man sich nicht.“
Miloš präzisiert sein Anliegen: „Wir wollen nicht von der Küche ins Wohnzimmer gucken können, sondern eine größere Küche haben.“
„Was glauben Sie, was das kostet?“, fragt der Mann, ohne eine Antwort zu erwarten.
„Wenn sie uns das machen lassen, wird es jedenfalls nicht so viel kosten, als wenn es ein Handwerksunternehmen macht.“
Oh je, denke ich beunruhigt, was versprichst du da? Ich bin kein Maurer und du bist ein handwerklich nur begrenzt begabter Intellektueller!
„Ja, und wenn mein Haus einstürzt, sind Sie an nichts schuld. Es ist mein Elternhaus, ich will nicht, dass es verschandelt wird, bloß weil jemand eine größere Küche haben will. Die können Sie ja woanders einfacher kriegen.“
„Tja“, macht Miloš, „dann kommen wir nicht ins Geschäft.“
„Tja“, schließt er sich an, „so ist es dann.“

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