30. November 2015

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einundneunzigstes Kapitel

Bei der Bandprobe am Dienstag gebe ich keinen einzigen der von Miloš gewünschten Töne von mir.
Erstens habe ich noch nie beim Trommeln ernsthaft gesungen, außer in dieser vertrackten Zeit, bevor Merle zu uns gekommen ist. Und das war eher zum Abgewöhnen.
Und zweitens ist es lästig, weil ich dann meinen Mund ans Mikro halten muss. Beim Trommeln bin ich aber insgesamt und dauernd in Bewegung und falls mir eine Textzeile entschlüpft, ist das Mikro mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht da, wo mein Mund gerade ist. Also müsste ich still halten. Das ist genauso zum Abgewöhnen.
Erfreulicherweise geht niemand darauf ein, dass ich mich in Schweigen gehüllt habe.

Donnerstags habe ich keine Pausenaufsicht und so bin ich dabei, als in der Mittagspause Wouter Kolijn in Begleitung eines Mannes unseren Aufenthaltsraum betritt.
„Mittag zusammen“, grüßt er munter. „Stellt euch vor, wir haben uns vermehrt!“
„Hurra, es ist ein Junge!“, erwidere ich fröhlich.
„Genau“, grinst er und nickt zu seinem Begleiter hin: „Er heißt Bernard. Das allein ist aber nicht der Grund, warum wir heute hier sind. Bernard van Giersbergen ist der beste Unterrichtshelfer, den wir in der Kürze der Zeit auftreiben konnten und ich hoffe, ihr Driehoeken und auch alle anderen kommt gut mit ihm zurecht.“
„Hurra, es ist ein Unterrichtshelfer!“, setze ich noch einen oben drauf.
Wouter rollt mit den Augen. „Hast du einen Clown gefrühstückt?“
„Nein, in der Witzkiste geschlafen!“
Er winkt ab und stellt uns Bernard vor. „Er wird erst mal eine Woche zur Probe arbeiten. Kann ich euch jetzt miteinander alleine lassen?“
Einhellig wird genickt.
Der pädagogische Schulleiter ist kaum aus dem Zimmer, da fangen die Kollegen schon an, Bernard nach allen möglichen Sachen auszufragen.
Wir erfahren, dass er zweiunddreißig ist und bis jetzt in Zwolle gelebt und gearbeitet hat. Leider – oder zum Glück – habe er erst kurz vor Schuljahrsbeginn angefangen, sich im ganzen Land zu bewerben und unsere Schule habe ihm den interessantesten Arbeitsplatz bieten können. Jetzt sei er auf der Suche nach einer dauerhaften Bleibe, denn bisher sei er in einer Ferienwohnung untergekommen.
Ich nutze den Moment um einzuwerfen, dass Miloš und ich auch eine neue Wohnung suchen. „Wenn wir schnell was finden, kannst du meine jetzige haben“, fällt mir ein.
„Ach, das ist mir ein bisschen zu ungewiss“, lehnt er lachend ab. „Ich mag Rechnungen mit Unbekannten nicht besonders, vor allem wenn es um eine Wohnung geht.“
„Auf so einen Deal würde ich mich auch nicht einlassen“, stimmt Wiebke ihm zu.
Diesen Informationen folgen einige weitere, und irgendwann ist die Mittagspause um und die Kollegen wenden sich wieder ihren Arbeitsbereichen zu.

In den Räumen der Driehoeken treffe ich Grietje, Shelley, die Kinder und Bernard.
„Gut, dass du kommst“, sagt sie. „Könntest du bitte mit Bernard durch alle Häuser gehen und ihm alles zeigen und so? Dann übernehmen Shelley und ich das Nachmittagsprogramm.“
„Na immer doch. Wiedersehen, allerseits.“
Bernard stellt seine Sachen im Aufenthaltsraum ab und wir gehen erst mal rauf zum Sekretariat und zum Lehrerzimmer, damit er die Wege kennt.
Im Hauptgebäude treffen wir Marijke Diekmanns, die anscheinend frei hat, denn sonst wäre sie ja schon im Unterricht bei ihrer siebten Gruppe. Ich stelle die beiden einander vor.

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