29. November 2015

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Ich überwinde mich: „Ich wollte das nicht sagen mit dem Lieblingsbosnier und dass du keine Gefühle hast.“
„Weiß ich, Bruder. Hab keine Angst, es wird gut werden.“
Ich schlucke hart. Ein Bruder wie Cokko ist toll, aber wie viel würde ich für einen Bruder geben, der wie ich glaubt?
Er legt seinen Arm um meine Schultern und die andere Hand auf meine Stirn, so wie er es im vergangenen Monat oft bei mir gesehen hat. „Jesus, mach ihn ganz entspannt, damit er so weltklassig trommeln kann wie sonst auch.“
Ich füge seinem Gebet hinzu: „Jesus, ich will nicht immer so gemein sein, wenn mir eine Laus über die Leber läuft. Und ich will auch keine Stimmungsschwankungen mehr haben. Die kriegen nämlich immer die Leute ab, die mich am meisten mögen und das will ich erst recht nicht mehr. Nimm das bitte weg von mir.“
Er guckt mir einen Moment in die Augen und sagt dann: „Ich segne dich mit Frieden.“
Genau so was hätte Jesus auch getan und gesagt, wenn er hier sichtbar mit uns beiden stehen würde. Gleich fang ich an zu heulen.
Miloš lässt mich los. „Und jetzt gehst du etwas essen. Die Sesam-Käse-Dinger zum Beispiel sind wirklich gut.“
Ich bin sehr dankbar für den Themenwechsel. „Hast du etwa meinen Vegetarierkram aufgegessen?“
„Natürlich nicht“, lacht er. „Aber ich wollte wissen, ob dein Essen besser ist als meins!“

Nach dem Soundcheck, zu dem wir uns schon laubgrün uniformiert haben, ziehen wir los, das Festivalgelände zu erkunden und vielleicht schon den einen oder anderen unserer Fans zu finden.
Und tatsächlich, als erstes treffen wir Merles (auffällig laubgrüne) Geschwister Pippi, Polly, Theo und Maurice, die irgendwie zwei Freikarten an vier Personen verteilt oder sich anders geeinigt haben, dann werden wir von Becks gefunden, die uns zu Pieter, Cokko und Mommi bringt. Grün ist ganz offensichtlich die Farbe der Saison. Alle sind reichlich mit Flyern ausge­stattet und haben sämtliche Daten und Fakten auswendig parat.
Schließlich läuft uns Steven über den Weg, völlig „unbegrünt“. Er hat schon vorher angekündigt, sich nicht an unseren Werbeaktionen beteiligen zu wollen, was aber bitte nicht persönlich zu verstehen sei. Wir haben ihm versichern können, dass er schon genug für uns getan hat, indem er uns Fahrzeug und Fahrer stellt.
Wenig später gabeln wir noch Lisannes beste Freundinnen Bea und Finja auf und damit sind alle verschenkten Freikarten wieder beisammen – bis auf Miloš’ zweite Karte.
„Was ist mit deiner zweiten Freikarte passiert?“, bemerkt es auch Merle.
„Ich hab keine Ahnung, wo sie bleibt, eigentlich wollte sie längst hier sein“, sagt er und dabei fällt mir auf, dass er schon seit einiger Zeit ständig auf die Uhr guckt.
Sie, die Freikarte?“, fragt sie amüsiert nach, „oder sie, die Frau, die deine Freikarte bekommen hat?“
In diesem Moment klingelt sein Mobiltelefon und in seinem Gesicht ereignet sich eine unerwartete Wandlung. Auf einmal strahlt er von Ohr bis Ohr. So was sieht man selten bei ihm, denn auch wenn er fast immer gut gelaunt ist, bleibt vieles hinter seiner stoischen Miene verborgen.(132) Er erklärt, wo wir gerade herumstehen und verspricht, dort auch noch ein paar Minuten zu bleiben. Dann kommt ihm eine andere Idee und sagt, „warte, ich hol dich ab“ und verlässt unsere Runde.
„Also, ich glaub, ich weiß, wer die Karte gekriegt hat“, stelle ich eine nicht besonders gewagte These auf.
Merle guckt mich an und fängt an zu grinsen. „Sind Tatsachen geschaffen worden?“
„Die Zeichen sprechen eindeutig dafür!“

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