Die Predigt befasst sich mit dem aktuellen Tagesspruch aus dem ersten Mose 35,15: Jakob nannte die Stätte, da Gott mit ihm geredet hatte, Bethel, das heißt „Haus Gottes“.
Leider schweifen meine Gedanken ständig ab. Wie mittlerweile fast immer geht es um den Auftritt in Almere.
In sieben Tagen werde ich hoffentlich wieder ein ganz normales Leben führen können.
Montags Schule. Danach besuche ich Mommi. Weil es warm ist, grillen wir im Garten.
Dienstags Schule. Abends die letzte Bandprobe.
Mittwochs Schule. Nach Feierabend kommen Pieter und Becks zu Besuch. Weil es immer noch warm ist, grillen wir; diesmal auf dem Balkon.
Donnerstags Schule. Abends darf ich Miloš helfen, sein Wertesystem weiter auszubauen. Es geht um Sex – wieder so ein haariges Thema.
Freitags Schule. Ich kann an nichts anderes mehr denken. Morgen werden wir uns Mittags um eins am Proberaum treffen, um den Transporter zu beladen, und Steven fährt um halb zwei los, damit wir pünktlich ankommen.
Bestimmt ist das viel zu spät, und wenn unterwegs etwas passiert!? Wir könnten in einen Stau geraten oder eine Panne haben oder vorher beim Einladen könnte was schief gehen, vielleicht geht ein Instrument kaputt! Wir müssen neue Zeiten vereinbaren! Miloš ist mit meiner Ex und seiner Vielleicht-Bald verabredet und geht nicht ans Handy, also rufe ich Merle an.
„Jeremy“, macht sie, halb genervt, halb belustigt und ich sehe es vor mir, wie sie die Augen verdreht. „Entspann dich. Steven hat gesagt, dass anderthalb Stunden völlig ausreichen, auch wenn wir in einen Stau kommen. Und im Zweifelsfall rufen wir eben Rinus an, dass wir uns verspäten. Dann ist immer noch sehr reichlich Zeit. Stell dich bitte nicht so schrecklich an. Es ist ein Musikauftritt. Wenn keiner zuhören will, gehen wir einfach früher von der Bühne. Niemand wird deswegen erschossen. Aber du wirst sehen, wir sind super. In Hoorn wollten sie uns nicht gehen lassen, das wird wieder so kommen.“
„Aber was ist, wenn“, will ich einen neuen Satz formulieren, in welchen Katastrophen der morgige Tag enden könnte; eine schlimmer als die nächste.
„Jeremy.“ Sie atmet tief ein. „Du wirst jetzt zwei Dinge tun. Erstens hörst du auf, dich immer weiter in etwas reinzusteigern, das passieren könnte, aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht passieren wird. Und zweitens kommst du her zu mir.“
„Äh … und was soll ich dann bei dir?“
„Ich koche uns was Gutes und hinterher gucken wir eine DVD an. Ich erwarte dich in zwanzig Minuten.“
Ich brauche fünfzehn, bis ich Zuyderkerks Stadtrand und somit Merles Häuschen erreicht habe. Sie öffnet. Gemeinsam gehen wir in ihre Wohnküche. „Ich bin gleich soweit. Es gibt heute Gemüse im Pfannkuchen. Ich nenne das Gericht Spätsommerrollen.“
„Aha“, mache ich und lasse mich vorsichtig am festlich gedeckten Tisch nieder. Auf der hellen Eichenplatte liegt mittig ein blauer Streifen Stoff, die seit kurzem brennenden Kerzen haben dieselbe Farbe und die Servietten sind blassblau mit schmalen roten Linien. Zwischen den Tellern liegen kleine hölzerne Blümchen in rot und lila. „Erwartest du noch Gäste?“
„Warum?“, fragt sie über die Schulter zurück, während sie einen Pfannkuchen wendet und Teig in eine andere Pfanne gibt.
„Na ja, wegen der Deko hier … und den Kerzen und so.“
„Erstens bist du mein heutiger Gast, also brauche ich nicht mehr zu warten und zweitens mache ich es mir gerne hübsch. Was trinkst du, Wein oder Bier?“
„Bier.“
Sie bringt eine Flasche und ein Glas zum Tisch. „Magst du keine Kerzen? Soll ich sie ausmachen?“
„Nein, lass nur … echt schick … ich würde so was bloß nie aufbauen zum Essen.“
Sie lächelt. „Dafür ist dein Tisch zu klein. Hast du nicht mal daran gedacht umzuziehen? In eine Wohnung mit einer größeren Küche und einer praktischeren Zimmeraufteilung?“
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