29. November 2015

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Was soll ich sagen? Dass ich nicht kann? Aber ist es nicht eher so, dass ich nicht will? Auf einmal will ich die Erdbeersahne-Sache nicht weitererzählen. Weil es so ein intensives Erlebnis war, als Gott mich letzten November überführt hat. Seitdem hat sich, wie mein Freund völlig richtig erkannt hat, nichts an meinem Zustand geändert.
„Warum antwortest du nicht? Ich dachte, es wäre eine einfache Frage.“
„Können wir erst essen?“
Ich weiß, Gott hat das alles von langer Hand vorbereitet, weil er wusste, dass Miloš mich mit all diesen Fragen löchern würde. Und seine Antwort zur Erdbeersahne-Frage war nicht nur für mich, sie war auch für meinen Kumpel; ein halbes Jahr im Voraus. Deswegen fällt es mir aber nicht leichter, darüber zu reden.

Beim Abwasch ergreife ich schließlich das Wort. „Ich glaube auch, dass man nie restlos kapieren wird, was da drin steht, außer vielleicht wenn man im Himmel angekommen ist. Die Bibel ist Gottes Wort, seine heilige Schrift, er hat sie uns Menschen gegeben, damit wir ihn kennen lernen. Bis vor einem Jahr habe ich sehr viel in der Bibel gelesen. Ich hatte sogar immer eine dabei.“
„Die kleine zerfledderte“, tippt er.
„Richtig.“
„Und was ist vor einem Jahr passiert?“
Auf einmal tut mir das Herz weh, als wäre es gestern gewesen.
Miloš schaut mich an und beantwortet seine eigene Frage: „Da hat Helena dich verlassen.“
„Ja.“
„Und das ist nicht besser geworden, obwohl ihr auf der Insel gesprochen habt und euch versöhnt habt?“
„Nein.“
„Aber du hast dich mit ihr versöhnt, damit es besser wird?“
„Nein, daran hab ich gar nicht gedacht. Ich hab mich mit ihr versöhnt, weil sie es wollte. Weil sie Frieden brauchte. Sie war sehr unglücklich. Ich habe ihr gesagt, dass ich ihr schon lange vergeben hatte.“
„Aber du liest immer noch nicht in der Bibel.“
„Nein.“
„Hat es denn mit ihr zu tun, dass du es nicht mehr tust?“
„Ich glaube nicht. Zuerst vielleicht, da konnte ich nicht klar denken. Du hast ja gesehen, wie ich drauf war. Aber später … ich hab nichts verstanden, wenn ich gelesen habe. Irgendwann hatte ich auch keine Lust mehr, mir die Mühe zu machen. Zugleich hatte ich Angst, was Gott dazu denkt. Ob er sauer ist, weil ich seine Worte nicht mehr lesen will. Aber er hat gesagt, dass er mich trotzdem liebt. Und dass ich genug Fundament habe um eine Trockenheit auszuhalten. Und dass ich eines Tages wieder Bibel lesen will.“
Miloš lässt das einen Moment im Raum verklingen, dann sagt er: „Du machst ganz oft ganz viele Sachen zugleich und manche Sachen werden nicht fertig, weil du sie vergisst. Aber Gott vergisst nie was. Er will erst das heil machen, was da wegen Helena in dir kaputt gegangen ist, und dann kommt das mit dem Bibellesen dran.“
Ich weiß, ich weiß, ich brauche keinen Anfänger, um Gottes Handlungsweisen erklärt zu bekommen. Oder vielleicht doch? Brauche gerade ich langjähriger „Glaubensprofi“ einen Anfänger, der mir meinen Gott erklärt?(129)
„Ich treffe sie oft, wenn ich in Alkmaar bin.“
„Wen, Helena?“, frage ich aus den Gedanken gerissen, obwohl niemand anderes in Betracht kommt.
„Ja. Wir reden viel, auch über dich. Sie hat sich ziemlich verändert.“
„Du triffst dich mit ihr?! Obwohl sie auf Dersummeroog noch gesagt hat, dass du den Krieg angefangen hättest?“

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