Am nächsten Tag gehe ich segeln, weil ich mich nicht jeden Tag mit dem Auftritt befassen kann.
Leider legt das strahlend schöne Sommerwetter der vergangenen Tage eine Pause ein, heute ist es windig, kühl und Schauer gehen nieder. Das Wetterradar reicht nicht bis zum 30. August, bis dahin sind es noch 21 Tage, aber ich hoffe, dass es dann angenehmes Wetter gibt. Nicht so heiß, dass ich auf der Bühne umkippe(117), nicht so kalt, dass niemand in Wallung gerät, wenn wir unser Programm vortragen. Wären wir schon weltberühmt, wäre das kein Problem mehr; Pearl Jam hat mal um Ostern rum ein Open-Air-Konzert gegeben und niemand hat sich am plötzlich einsetzenden Schneetreiben gestört.
Aber so weit sind wir noch nicht.
Ich rufe meine Gedanken energisch zur Ordnung, denn was war der Grund, segeln zu gehen? – Richtig, ich wollte nicht ständig an den Auftritt denken.
Sonntags treffe ich im Gottesdienst(118) Eelco, der mir die frohe Kunde unterbreitet, dass die Donnerdrummels am Samstag in einer Woche ihre Generalprobe in der Musikschule in Hoorn abhalten dürfen. Der Rapper, der den Termin eigentlich gehabt hatte, ist krank geworden und hat abgesagt. Dass das so schnell geht, hätte ich auch nicht erwartet. Mein Lied rückt näher. Und da kommt nur eins in Frage.
Natürlich wünscht Gott sich nicht aus purem Eigennutz ein Lied von mir, das könnte er einfacher haben. Schließlich hat er mehrere Engelbands, deren Hauptberuf es ist, ihm Lieder zu spielen. Ich bin mir sicher, dass das wieder eine dieser Selbstüberwindungskuren ist. Er will, dass ich mich weiter entwickle und meine Menschenfurcht verliere oder sicherer werde im Auftreten vor einer Menschenmasse oder sonst irgendwas, das meinem Charakter gut tun würde. Also beuge ich mich dem himmlischen Willen, denn es wird mir zum Besten dienen.
Bis zum Abend versuche ich die Organisation des Auftritts zu erledigen. Ich bin nicht besonders erfolgreich; vor allem, weil ich nur Lisanne ans Telefon kriege.
Als ich oberhalb Stevens Backstube eintreffe, ist sie bereits da, und Merle ebenfalls, die ja in den Kalender eingetragen hatte, heute keine Zeit zu haben.
„Was tust du hier?“, frage ich sie.
„Na, das ist ja mal eine begeisterte Begrüßung“, grinst sie. „Mein Termin hat die Dringlichkeit der Probe erkannt und mir pünktlich vorher abgesagt. Apropos pünktlich, hast du Miloš jetzt angesteckt mit deiner Trödelei?“
„Vielleicht ist er noch nicht ganz nüchtern“, lenke ich die Lästerei auf den Abwesenden.
„Warum sollte er das nicht sein?“, will Merle wissen.
„Weil am Freitag sein Vater wiedergekommen ist. Gestern zum Beispiel habe ich ihn gar nicht gesehen.“
„Und das will ja was heißen“, sagt Lisanne und wechselt von Kaffee zu Mineralwasser.
„Warum?“, frage ich erstaunt, „Was meinst du damit?“
Lachend erklärt sie: „Meine Mutter sagt, sie muss nur ein paar mal am Tag aus dem Laden gucken, und sie hat euch mindestens zweimal gesehen.“
„Sie sollte besser nicht aus dem Laden gucken, sondern Bücher verkaufen“, gebe ich gute Ratschläge.
„Komm vorbei und kurbele den Umsatz an“, gibt Lisanne zurück.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen