Ich brumme bestätigend. Ein Sonnenaufgang am Strand ist etwas ganz Besonderes.
Zögernd fängt er an: „Kannst du vielleicht heute nicht nach Zuyderkerk fahren?“
„Hä? Wo soll ich denn bitteschön sonst hinfahren?“
„Na ja …“, macht er verlegen „halt so, ist ja auch schön, unterwegs.“
„Ich hab zu wenig geschlafen, ich versteh kein Wort.“
„Ich habe gar nicht geschlafen“, weist er meine Begründung zurück, „Ich will noch nicht nach Hause.“
Auf einmal kommt mir ein Gedanke, der so abstrus ist, dass er schon wieder logisch sein könnte. Das passiert öfters, wenn mein Hirn mit einem Schlafdefizit zu kämpfen hat. „Wann hattest du den letzten richtig guten Urlaub?“
„Wie kommst du jetzt darauf?“, wundert er sich.
„Antworte mal, dann sag ich dir, wie ich drauf komme.“
„Und wie definierst du einen richtig guten Urlaub?“
„Man fährt von zuhause weg und hat Zeit zum Nichtstun und erlebt Sachen, die man sonst im Alltag nicht hat. Und am Ende wünscht man sich, man könnte noch ein paar Wochen bleiben. So ungefähr.“
„So einen Urlaub hatte ich zuletzt neunzehn-sechsundachtzig. Da war ich zehn. Aber warum fragst du das?“
Das Lächeln in seinem Gesicht, das die Erinnerung angefacht hat, sagt mehr als alle Worte. „Du willst noch nicht nach Hause, weil du den Urlaub verlängern willst.“
Er grinst, „Ja, wahrscheinlich hast du Recht.“
„Dann müssen wir Lisanne oder Merle Bescheid sagen, dass wir nicht zur Probe kommen.“
„Stimmt“, macht er. „Ruf sie an.“
Ich gehe in die Kajüte, um das Handy zu finden. Nach geraumer Weile komme ich wieder ans Tageslicht und bringe das nächste Problem gleich mit: „Ich weiß ihre Nummer nicht, wie soll ich sie anrufen?“
„Hast du die nicht im Telefonbuch?“
„Ich hab kein Telefonbuch mitgenommen.“
„Quatsch“, grinst er, „Im Handy ist doch eins drin. Du hast Ieuwkjes Nummer ja nicht eingetippt, sondern sie war schon eingespeichert.“
„Falsch. Du hast mir das Telefon im Hafen gegeben, als sie schon in der Leitung war.“
„Aha, so kommen wir der Sache näher. Im Telefonbuch befinden sich also Nummern. Mach es auf und guck nach, ob Merle oder Lisanne auch drin sind.“
Das heißt, ich müsste jetzt mal das Telefonbuch im Handy wiederfinden. Wahl- und erfolglos drücke ich auf den Tasten herum und gebe schließlich auf. „Keine Ahnung.“
„Gib her.“ Er bekommt das Gerät und klickt ebenfalls, bis er verwundert feststellt: „Hier sind ja nur zwei Nummern drin.“
„Ja, von Ieuwkje und von Pieter.“
„Das steht da, lesen kann ich“, wirft er ein.
Ich wische die Bemerkung beiseite. „Er hat gesagt, mehr brauche ich nicht. Er wollte mich ja nicht überfordern, zuvorkommend wie er ist.“
„Wieso suchst du dann nach Merles oder Lisannes Nummer, wenn du sowieso weißt, dass nur zwei drin sind?“
„Wieso muss ich dieses komplett sinnfreie Gespräch führen? Du hast mit dem Telefonbuch angefangen, und dass die Nummern da drin wären!“ Jetzt reicht’s mir aber langsam!!
„Ganz ruhig“, er hält es mir hin.
Mir fällt etwas ein. „Ruf mal Pieter an.“
„Willst du das nicht endlich selber lernen?“, schmunzelt er.
„Willst du mich nicht endlich damit in Ruhe lassen?“
Miloš wählt und hat Pieter gleich darauf am Apparat. Nach ein paar einleitenden Worten gibt er mir das Mobiltelefon.
„Hoi“, sage ich. „Hast du zufälligerweise die Telefonnummer von Lisanne oder Merle?“
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