„Warum sollte ich zufälligerweise die Telefonnummer von Lisanne oder Merle haben? Sind die beiden in deiner Band oder in meiner?“
„Ich dachte nur. Du hast ja sonst alle möglichen Nummern eingespeichert.“
„Worum geht’s denn, wenn ich fragen darf? Ihr seht euch doch sowieso heute Abend?“
„Na ja, eben nicht. Wir verlängern den Urlaub und kommen erst morgen wieder. Vielleicht könntest du auch … ach, gib mir mal Cokko.“
Ich höre, wie das Telefon weitergereicht wird. „Technikfeindlicher Bruder, was kann ich für dich tun?“, witzelt er.
„Könntest du Mommi Bescheid sagen, dass wir erst morgen heimkommen? Wir verlängern den Urlaub. Und könntest du vielleicht auch bei Lisannes Mutter in die Buchhandlung gehen und sagen, dass sie ohne uns proben müssen? Das wär toll.“
„Toller wäre, wenn du das selber machst, ich bin doch nicht dein Sekretär! Aber du hast Glück, ich hab Lisannes Nummer. Ich schick sie rüber.“
„Warte, ich hab nichts zu schreiben!“
„Jeremy! Vertrau der Technik“, schnaubt er lachend. „Ich hab gesagt, ich schick sie rüber. Da kommt gleich eine SMS an, in der steht die Nummer, da klickst du drauf und kannst direkt anrufen. Frag Miloš, der weiß, wie das geht. Und du erzähl mir nicht, dass du Mommis Telefonnummer nicht auswendig weißt.“
„Ja, hast Recht. Kann ich die dann einfach so wählen?“
„Was meinst du mit einfach so? Du musst jedenfalls die Vorwahl von Zuyderkerk mit eintippen, sonst klappt es nicht.“
„Ach so, danke. Gib mir noch mal den Pieter, mir ist noch was eingefallen.“
„Tu ich. Und beeil dich mit dem Telefonieren. Mitten auf dem Meer dürfte es schwierig werden mit dem Netz. Bevor du fragst, ich meine kein Fischernetz, sondern das Mobilfunknetz. Wiedersehen.“
„Ebenfalls.“
Wieder findet am anderen Ende ein Ohrtausch statt, dann höre ich: „Was gibt’s denn? Noch mehr Dienstleistungen?“
„Nein. Nur eine Auskunft. Hast du mir das Handy geliehen oder geschenkt?“
„Geschenkt. Ich dachte, das würde helfen.“
„Muss ich es behalten?“
Er seufzt und weiß vermutlich schon, worauf ich hinaus will. „Du kannst mit deinem Eigentum anstellen, was du willst.“
„Okay, danke. Das wars von mir. Tschüss!“ Ich gebe es an Miloš, „Mach das mal aus.“
Grinsend kommt er der Anweisung nach. Im gleichen Moment ertönt ein kurzes Signal. Automatisch guckt er nach, was das zu bedeuten hat. „Lisannes Nummer“, informiert er mich und will es mir endlich zurück geben.
Ich nehme es nicht. „Ruf du an und behalt das Dings dann.“
„Wie, behalt es dann?“
„Es ist deins. Geschenkt.“
Noch breiter grinsend schüttelt er den Kopf. „Typisch.“
Miloš tut, was man mit so einem „Dings“ tun muss: Er telefoniert am laufenden Band.
Das erste Gespräch führt er mit Lisanne und es geht hauptsächlich um meine angeblichen Alkoholeskapaden, die unsere termingerechte Ankunft in Zuyderkerk verhindern.
Das zweite ist serbisch und klingt nach bloßer Bekanntgabe des neuen Rückkehrtermins.
Das dritte ist wieder etwas länger und ich kapiere erst spät, mit wem er da spricht – mit Mommi! Zu gern wüsste ich, warum er ihre Telefonnummer weiß!
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