„Das mach ich gern“, sagt sie und lacht, „Danke für die Einladung.“
Nun kommt die eine Hälfte der Zwillinge aus dem Haus, ihr folgt Cokko, und so langsam versammeln wir uns alle auf der Terrasse, wo Pieter schon eifrig am Grill beschäftigt ist.
Endlich sind alle Teller mit den gewünschten Sachen bestückt, Getränke verteilt und Sitzplätze eingenommen. Gelegentlich lasse ich prüfende Blicke über die Teller schweifen und vergewissere mich, dass meine Salate auch bei den Männern gut ankommen, aber darum muss ich mir ausnahmsweise wirklich keine Sorgen machen. Oft ist es ja so, dass die Männer, sofern sie nicht wie ich Zwangsvegetarier sind, um alles einen Bogen machen, was mal irgendwo gewachsen ist und dabei grün ausgesehen hat – und die Frauen nichts essen wollen, das mal so grünes Zeug gegessen hat und womöglich possierliche Öhrchen hatte.
Nach dem Essen bastelt Svonja aus ein paar Käsespießen, die wir aus Zahnstochern, Käsewürfeln und Weintrauben, Oliven, Cherrytomaten und allerhand anderen Sachen hergestellt hatten, ein seltsam aussehendes Männlein und lässt zwei Gläser aneinander klingen, bis alle zu ihr schauen. Dann hält sie das Figürchen in die Höhe und verkündet mit verstellter Stimme: „Guten Tag, ich bin Jim Knopf. Ich bin sieben Jahre alt–“
„Oh nein“, ächze ich, „kein Kennenlernspiel! Ich dachte, ich hätte Urlaub!“ Das ist typisch Pädagoge, überall müssen diese Leute die Luft verpesten mit ihren Vorstellungsrunden. Jede Wette, dass sie mit größeren oder kleineren Kindern arbeitet!
Svonja lässt sich durch meinen Einwand nicht stören. „Ich bin sieben Jahre alt und wenn ich groß bin, werde ich Lokomotivführer. Ich wohne in Lummerland und mein Lieblingsreiseziel ist Afrika, denn von da kommen meine Eltern!“ Jetzt gibt sie ihrer Schwester das Käse-Trauben-Ding und lässt es fragen: „Und wer bist du?“
Die Zwillingsschwester übernimmt: „Das ist Jim Knopf und ich heiße Svenja Lüdemann. Ich bin vierundzwanzig Jahre alt und wenn ich groß bin, was nicht mehr sehr lange dauert, werde ich Sozialpädagogin sein.“
Na siehste, denke ich und fühle mich bestätigt. Ade, gemütlicher Grillabend!
„Ich wohne in Köln und möchte mal auf den Mond reisen. Und wer bist du?“
Sie hält mir das Dings unter die Nase und ich füge mich. „Das ist Jim Olivenkopf und ich bin Jeremy van Hoorn. Ich bin Lehrer, möchte gleich bitteschön auch mit fast fertigen Sozialpädagogen nicht über meinen Beruf reden, denn ich habe Urlaub“, ich betone sämtliche Silben meines Einschubes, „und komme aus Zuyderkerk, das ist am IJsselmeer.“
„Wie alt bist du?“, erkundigt Sonja sich.
„Siebenundzwanzig.“
„Und dein Lieblingsreiseziel?“, will Natalie wissen.
Darüber habe ich lange nicht nachgedacht. Im Moment heißt es Dersummeroog, allerdings ist die Lieblingsreisezeit die Nebensaison. „Ich glaub, ich will nach Schweden und dort in den Schären segeln gehen. Die Schwedinnen sollen sehr hübsch sein, habe ich gehört. Vielleicht gabele ich eine auf, und dann mal sehen. Mach du weiter“, gebe ich ihr das Figürchen.
„Nein, das geht so nicht, du musst fragen, „und wer bist du?“!“, protestiert Svenja.
Natalie quakt in verstellter Stimme: „Und wer bist du?“, und antwortet sich selbst: „Das ist Jim Knopf und ich bin die Natalie Meurer, bin fast dreißig … und vermutlich bin ich mal wieder die älteste in dieser Runde, das ist immer so. Zuhause auch, da bin ich die Älteste von fünf Geschwistern. Ich wohne in Köln, arbeite als Tierarztgehilfin und möchte mal nach Madagaskar reisen.“
Während ich eilig für Miloš übersetze, fragt Helena: „Was willst du in Madagaskar?“
„Da gibt es noch ganz viele unentdeckte Tierarten, vielleicht finde ich ja welche, dann würde ich sie nach mir benennen. Stell dir vor, es gibt eines Tages einen Makaken, der nach mir Meurer-Makake heißt. Das wäre schon toll“, schwärmt sie. „Wenn ich keinen Makaken finde, will ich immerhin durch den Urwald gegangen sein und Wasserfälle entdeckt haben, auch wenn die vielleicht vorher schon bekannt gewesen sind. Wichtig ist, dass ich sie gesehen habe. Man weiß nicht, wie lange es die Welt noch in ihrer jetzigen Form gibt, da will ich so viel wie möglich davon gesehen haben. Und das geht auf Madagaskar ganz gut, weil da noch nicht viel Zivilisation ist.“
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