Merle hat ihr Smartphone hervorgeholt und schreibt in der Tabelle herum. „X steht für nein, M für möglich und ja heißt ja“, erklärt sie ihre Zeichen. Schließlich sind es nur fünf Tage, an denen sie jetzt schon weiß, dass sie Zeit hat. „Allerdings kann ich die Texte ja auch ohne euch lernen“, beruhigt sie mich.
Nachdem auch Lisanne, Miloš und ich die Termine abgeglichen haben, steht fest, dass an den nächsten vier Dienstagen ungeachtet der Schulferien Bandprobe ist und auch am Dienstag vor dem Festival. Sollte einem ein neuer Text oder eine Melodie (oder im Idealfall beides) einfallen, können wir uns spontan versammeln.
siebenundsechzigstes Kapitel
Ich lasse Simone eine Woche Zeit und rufe sie dann an.
„Hoi“, grüßt sie mich, wie ich interpretiere, immer noch etwas frostig.
„Ich wollte mich bei dir entschuldigen. Der Quatsch ging ziemlich auf deine Kosten. Das war nicht so gemeint.“
„Aha“, macht sie reserviert. „Rufst du freiwillig an?“
Ich lache. Sie scheint mich trotz allem gut kennen gelernt zu haben … „Ja. Und im Hintergrund steht niemand rum und hört zu, falls du das als nächstes fragen willst.“
„Wer sollte denn das zum Beispiel tun?“
„Lisanne zum Beispiel, oder Merle … um zwei Personen zu nennen, die auch nicht wussten, dass Miloš und ich keinen echten Streit hatten.“
Wieder sagt sie „Aha“, und dann: „Willst du jetzt, dass ich zurück in die Band komme und alles wieder eitel Sonnenschein wird?“
„Nein, will ich nicht. Das mit dem Sonnenschein würde nicht funktionieren. Ich hab auch nicht angerufen, um dich zurück zu holen. Du hast Recht, Lisanne und Miloš und ich, wir kennen uns zu gut und machen zu viele Insider-Bemerkungen, das klappt nicht mit jedem. Die Merle kann sowas ab, aber die ist kein besonders normaler Mensch, glaube ich.“
„Deswegen passt sie so gut zu euch anderen Verrückten“, kommt es mit einem Grinsen aus der Leitung.
„Bist du also nicht mehr böse auf mich?“
„Nee, bin ich nicht mehr. Einem wie dir kann man nicht lange böse sein. Aber wie sieht es mit dir aus, bist du sauer, weil ich dich beschimpft habe?
„Beschimpft? Du? Mich? Ich kann mich an nichts erinnern“, behaupte ich überzeugend.
„Ich hatte dir an den Kopf geworfen–“
„Simone!“, schnaube ich sie mit Betonung auf jeder Silbe an, „du bist mir nicht böse, ich bin dir nicht böse, vergiss den Mist!“
Am nächsten Mittag sind Miloš und ich gerade damit beschäftigt zu kochen, also ich koche und er erzählt Serbenwitze (97), als das Telefon klingelt und Carlos van Hoogedonk dran ist. Das ist der Mann von Delta 3000!
Miloš begreift sofort, was die Stunde geschlagen hat. Er räumt den Tisch frei und holt Papier und Stifte, damit wir mitschreiben können, denn natürlich habe ich nicht die technischen Möglichkeiten, ein Telefongespräch aufzunehmen.
Derweil will Carlos von mir wissen, wie viele Mitglieder die Band hat und wie diese heißen, wie lange die Band schon besteht und welche Musikrichtung zu erwarten sein wird. Werden wir eher eigene Lieder spielen oder Cover von anderen Bands? In welcher Sprache werden die meisten unserer Lieder sein? Ich beantworte die letzte Frage, als Miloš mich antippt und energisch auf sich zeigt. Also schicke ich ein „und serbisch auch“ hinterher.
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