„Du kannst ja behaupten, ich wäre ein Weichei, aber bei mir wird so’n Scheiß jedenfalls nicht gespielt!“
„Jeremy!“, wirft Lisanne sich mutig dazwischen, doch wir beachten sie nicht.
„Es ist kein Scheiß!“, protestiert er böse.
„Ist es doch!“, erwidere ich genauso böse.
„Hört bitte auf“, versucht sie es wieder.
Miloš schiebt sie beiseite, „Ist es nicht!“ und reißt mir das restliche Papier aus der Hand, um es mit einem ausholenden Wurf im ganzen Raum zu verteilen.
Gleich platze ich. „Ist es doch!“, brülle ich ihn an, um Druck abzulassen.
„Ist es nicht!“ Die Stifte fliegen hinterher.
„Es ist Scheiß und damit basta!“
„Nein!“
„Miloš, aus!“, dröhnt Merle, die wohl langsam Bammel kriegt.
„Nein!“, brüllt er erst sie an, und dann mich: „Es ist kein Scheiß!“
„Doch!“ Mir gehen die Argumente aus.
Er hat auch keine besseren mehr, wie sich prompt beweist: „Nein!“
Also versuche ich einen anderen Weg. „Du wirst nicht von deiner Position abweichen?“
„Wofür habe ich eine Position, wenn ich dann doch nur tue, was du willst?“
„Okay, das reicht. Raus“, sage ich und verschränke die Arme.
„Jeremy, bist du wahnsinnig?“
„Was heißt das, raus?“, will er wissen.
„Das heißt: Geh jetzt bitte, wir wollen endlich anfangen zu proben“, erkläre ich.
„Wirfst du mich aus der Band, bloß weil ich einen anderen Musikgeschmack habe als du?“
„Richtig. Da ist die Tür.“ Ich zeige auf den Ausgang. Wie sollen wir eigentlich heute noch mal auf Normalnull kommen?
Miloš nimmt seinen Bass und geht zur Tür. Auf halbem Wege kommt er dabei an mir vorbei und packt mich am Kragen. „Das wirst du heimzahlen, du Käsekopf!“, knurrt er.
Dann ist er draußen.
Einen Moment lang starrt Lisanne mich ungläubig an. „Hormone? Oder Männerkoller?“
Merle empfiehlt: „Schlaft mal eine Nacht drüber, dann reden wir weiter.“ Die beiden verständigen sich mit einem Nicken zum geordneten Rückzug und räumen ihren Kram ein.
Simone folgt ihnen eilig und mit fast panischem Blick.
Sekunden später höre ich Miloš draußen im Flur etwas sagen und Merle „Waaas?!“ schreien. Vermutlich schwört sie mir gerade ewige Rache, aber das war es mir wert.
Während die vier wieder herein kommen, unternehme ich den Versuch einer Entschuldigung: „Sorry, Leute. Ihr könnt nachher alle zu mir kommen, ich hab gestern zwei neue Tortenrezepte ausprobiert, das kann ich nicht alles alleine aufessen.“
„Aber nichts mit Gemüse!“, fordert Miloš. „Bald habe ich Hasenzähne.“
„Geht das schon wieder los?“, fragt Merle. „Ganz ehrlich, zum Schluss hab ich ja gedacht, dass es ernst ist. Dass ihr euch wirklich gleich an die Wäsche geht. Sah ziemlich danach aus.“
„Liebste Merle, das war Absicht!“, kläre ich sie freundlich auf.
„Habt ihr euch vorher abgesprochen oder woher wusstet ihr, dass es Spaß war?“
„Ich wusste es nicht, aber ich kenne ihn“, erklärt Miloš und packt mich in den Schwitzkasten. „Wenn er so offensichtlich anders tickt als sonst, muss es wohl ein Spaß sein, he?“ Er zieht mir an den Ohren. „Wenn es ein Spaß ist, mache ich mit. Oder er ist extrem wütend, aber das merkt man ja auch schon vorm Streiten. Und dann hat er einen Grund.“
„Lass mich los, du Penner!“, kichere ich und winde mich.
„Was tust du, wenn ich es nicht tue?“ Er spaziert ein paar Schritte durch den Raum und ich muss notgedrungen mit.
„Ich schmeiß dich aus meiner Band!“
„Aha, öfter mal was Neues!“, lacht er und geht hin und her, „Das ist hier nur die Rache. Wie nennst du mich?“
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