26. August 2015

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„Ich war erst wenige Monate in der Band, als sie umgezogen ist in einen anderen Probe­raum“, erklärt Miloš. „Wenn du dort hingekommen bist, hast du von weitem gehört, ob schon jemand drin war. Meist wusstest du auch gleich, wer drin ist. An einem Tag kam ich früher als sonst hin und konnte mir nicht vorstellen, wer drin war. Ich kannte niemanden, der so krass trommeln konnte.“
Mein Bruder meldet sich wie ein artiger Schüler und bekommt das Wort erteilt: „Was meinst du mit krass? Schnell?“
„Vielseitig. Die meisten Trommler lernen Rockmusik. Sie können nur Rockmusik, was aber nicht auffällt, da sie ja nur in Rockbands spielen. Oder dasselbe mit Pop, Swing, Blues und so weiter. Trommler, die mehrere Stile bedienen können, sind eher selten. Er hat zum Beispiel in einer Bigband gespielt und im Orchester–“
„Noch ein Wunderkind!“, ruft Cokko.
„Da kannst du mal sehen, Herr Sprachengenie, du bist nicht der einzige, der mehr als eine Sache kann“, pflaume ich ihn an.
„Ich habe lange draußen gestanden und habe nur zugehört, weil es so toll war. Irgendwann hörte es drinnen auf. Ich bin hinein gegangen. Und habe unseren braven Trommler gesehen.“
„Und dann wart ihr Kumpels und wolltet eine eigene Band machen“, tippt Simone.
Er seufzt und klingt ein bisschen genervt. (82) „Das ist sehr oberflächlich. Wirst du mit jemandem Freund, bloß weil der eine deiner Ansichten hat? Wir haben uns vorher auch schon gemocht. Aber da habe ich erkannt, dass er viel mehr kann als die Jesus-Pop-Band haben will. Als Eelco ihm gekündigt hat, war es keine Frage, dass ich mitgehe.“
„Und wie hast du dann deinen Bass gekriegt und den putzigen Verstärker?“, fällt ihr ein. „Sogar gebraucht kostet das ja einiges, und du hast doch nie Geld?“
„Ich verstehe die Frage nicht.“
„Ich dachte, ihr hättet da alle auf geliehenen Instrumenten gespielt?“
„Kennst du Prinzip von jugoslawische Warenumverteilung?“, fragt er.
Simone verneint.
„Ich werde erklären.“
Weil er plötzlich mit starkem Akzent redet, viel mehr als sonst, werde ich hellhörig. Das klingt nach Theater.
„Ist sehr einfaches Regel von Marktwirtschaft. Brauchst du kein Geld, brauchst du nur Waffe. Kannst du erst erklären, was du willst, kannst du aber auch sofort schießen. Was braucht ein Toter einen Bass? So ist Prinzip von jugoslawische Warenumverteilung.“
Simone starrt ihn fassungslos an.
Miloš verzieht keine Miene. „Ich habe gesehen, du hast viel besseren Verstärker als ich.“
Ihr Blick wird unbeschreiblich.
Cokko legt den Arm um ihre Schultern. „Hör auf. Das ist gemein.“
„Stimmt“, gibt er grinsend zu.
Lisanne kommt aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus. „Manchmal frag ich mich, was du rauchst.“
„Eichenlaub in Zeitungspapier. Willst du auch eine?“ Er klopft sich ab, als hätte er die Zigaretten dabei.
„Ernsthaft?“, fragt Cokko. „Kann man sowas rauchen?“
„Du kannst alles rauchen. Die Frage ist, was das mit dir macht. Nein, ich rauche kein Eichenlaub. Das haben sie bei uns im Krieg geraucht, wenn der Tabak alle war, und ich glaube, es muss Krieg sein, damit du dir so etwas antust.“
„Ich glaub, ich will jetzt nach Hause“, sagt Simone sauer und steht auf.
„Och Schatz, es war doch nur ein blöder Scherz“, versucht Cokko sie zurück zu halten.
Sie geht gleich an die Decke. „Das war nicht blöd, das war total scheiße! Ihr habt alle gewusst, dass der mich verarscht!“
Mein Bruder will ihr nach, aber Miloš ist schneller. „Entschuldige bitte“, hören wir. „Das war wirklich ein schlechter Witz. Aber es hat mich genervt, dass du fragst, woher ich Bass und Verstärker habe. Normalerweise kauft man es, oder? Ich habe nicht immer kein Geld.“
„Aha“, macht sie.
„Und falls du fragen willst: ich lehne Gewalt ab.“
„So siehst du aus“, platzt sie heraus.
Er lacht. „Na komm. Verzeih mir das.“

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