26. August 2015

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Als das gemeinschaftliche Schlürfen aufgehört hat (alle loben meine Kochkunst) und Lisanne die Schüsseln und den Rest vom Brot in die Küche bringt, weil sie meint, dass nicht alle Arbeit an mir hängen bleiben soll, gibt Miloš mit stolzer Miene bekannt, dass er Erster ist.
„Erster wobei?“, frage ich.
Lisanne kommt aus der Küche zurück. Sie hat noch eine Flasche Weißwein gefunden und mitgebracht.
„Ich habe ersten Zwiebelpups gemacht.“
„Kann ja jeder sagen“, findet Cokko.
„Genau“, schließe ich mich an, „Woher willst du wissen, ob ich nicht eben schon beim Essen gepupst habe? Bloß weil keiner sagt, dass er pupst, heißt das nicht, dass keiner pupst.“
Simone starrt uns argwöhnisch an. „Ihr wollt doch jetzt nicht etwa–“
„Achtung!“ Zufrieden grinsend und jetzt gut hörbar demonstriert er, was er gegessen hat.
Lisanne guckt uns kopfschüttelnd an. „Solche Dinge, liebe Simone, bewegen deine Band­kollegen tief in ihrem Innern. Gewöhn dich dran. Und sobald du glaubst, eine Verrücktheit ist nicht zu toppen, legen sie noch eine Schippe drauf.“
„Wie lange seid ihr in einer Band gewesen, dass du sie so genau kennst?“
Sie lacht. „Jeremy kenne ich seit dem ersten Schultag. Miloš, wann bist du zur Band gekommen?“
„Ich dachte, es kommt die Frage, wann ich eingeschult worden bin. Es können anderthalb Jahre sein mit der Jesus-Pop-Band.“
„Okay, für die Statistik: Wann bist du eingeschult worden?“
„Neunzehn-zweiundachtzig. Aber ich konnte schon lesen.“
„Ein Wunderkind!“, grinst Cokko.
„Zurück zur Band. Nein, guckt nicht so entsetzt, ich will nicht wissen, wie alles gekommen ist mit der Jesus-Pop-Band. Sondern ich wüsste gerne, warum ihr da kollektiv ausgetreten seid. Ihr hättet ja einfach abstimmen können, dass andere Musik gespielt wird.“
„Nicht bei Eelco. Er war der Bandchef, er hat bestimmt. Wer das anders gesehen hat, konnte gehen.“
„Aber ihr habt es ja nicht alle an einem Tag anders gesehen.“
„Nein, wir sind auch nicht alle an einem Tag gegangen. Zwischen Eelco und Jeremy ist es nie einfach gewesen. Er hat sich viel Meckerei gefallen lassen“, sie nickt zu mir hin, „vor allem weil er kein eigenes Schlagzeug hatte, das gehörte einem seiner Vorgänger. Der hat es als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt, als er zum Studieren weggezogen ist. Irgendwann hat Eelco ihn wegen Disziplinmangel rausgeworfen. Offiziell. Das habe ich ja eben in der Küche schon angedeutet.“
„Hier, passt mal auf“, unterbricht Miloš und furzt eindrucksvoll. Offenbar kann er das steu­ern. Das ist ziemlich bewundernswert, ich wette, früher hat er damit den Vogel abgeschossen (also sinngemäß). Ich kann nur rülpsen, wenn ich will.
Lisanne gibt sich alle Mühe, den roten Faden nicht zu verlieren. „Und Miloš ist am selben Tag gegangen, weil er nicht alleine mit seinem Musikgeschmack übrigbleiben wollte.“
„Hattest du damals noch andere Vorlieben?“, hakt Cokko ein.
„Wieso?“, wundert Miloš sich.
„Willst du mir etwa einreden, euer Krach hätte mit Musik zu tun?“
Er springt auf, „Komm mit vor die Tür!“
„Nanana“, Lisanne klopft ihm auf den Arm. „Setz dich hin, reg dich ab.“
„Eins wüsste ich jetzt allerdings gerne“, fängt Cokko immer noch lachend an. „Wenn ihr alle Popmusiker wart, wieso wolltest du nicht alleine übrigbleiben als … Nicht-Popmusiker? Du musst es vorher schon gewusst haben, dass ihr mehr gemeinsam habt. Aber das gehört ja in deine schweigsame Phase ohne Sprachkenntnisse. Wie habt ihr das gemerkt?“

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