Er guckt mich nicht an.
Ich habe keine Lust, mir komische Ausreden anzuhören. „Dein wichtiger Termin war nicht, dass du Fenster putzen musstest bei meiner Oma.“
Die beiden wechseln einen Blick, sie hebt die Schultern. „Sag es ihm“, sagt sie.
Er guckt zurück und tut nichts.
„Sag ihm was?“, will ich wissen, aber keiner beachtet mich.
„Geht nach nebenan“, sagt sie, „ich bügele in der Zeit.“
Miloš stellt den Eimer am Wohnzimmerfenster ab und lässt sich auf dem Sofa nieder, wobei er die Luft ausstößt.
„Leg los“, fordere ich ihn auf, „Was spielst du mir hier vor?“
„Nichts. Ich weiß nicht, wie ich das ausfüllen soll.“ Mit einer knappen Kopfbewegung nickt er zum Personalbogen. „Ich dachte, deine Oma hilft mir. Das wollten wir nach dem Fensterputzen machen.“
„Was ist denn so schwierig daran?“ Ich wähle den Sessel an der kurzen Tischseite.
„Bist du blöd?“, faucht er.
„Nein, bin ich nicht. Da du aber auch nicht blöd bist, frag ich dich: was ist das Problem?“
„Ist das so schwer zu kapieren? Ich! Kann! Das! Nicht! Ausfüllen!“
Mit Verwunderung stelle ich fest, dass es ihm förmlich aus den Ohren qualmt. „Miloš“, versuche ich, wieder Ruhe rein zu bringen. „Ich frage dich, warum kannst du es nicht?“
Er springt vom Sofa auf, wendet sich ab und ich sehe, wie er mehrmals tief ein- und ausatmet. Dann dreht er sich wieder zu mir um. Beherrscht erklärt er: „Ich habe gesagt, ich kann es nicht ausfüllen. Du fragst, warum kann ich es nicht. Ich sage, ich kann es nicht. Das können wir stundenlang weitermachen, es wird kein Ergebnis bringen. Du kannst nach Hause gehen, deine Oma hilft mir, und morgen habe ich wieder Lust auf deine komischen Fragen. Ja?“
„Nein.“ Was ist so schwer daran, einen Personalbogen auszufüllen? Vor allem: warum bricht er dafür so eine seltsame Szene vom Zaun?
„Was schlägst du vor?“
„Wir beide füllen das Formular aus.“
„Danke, das ist nicht nötig, deine Oma hat gesagt, sie hilft mir.“
„Und ich sag dir, es ist nicht nötig, meine Oma zu bemühen. Das können wir auch stundenlang weitermachen.“
„Aber du wirst nicht locker lassen.“
„Richtig.“ Ich strecke den Arm aus und angele den Bogen. Bei Mommis Kreuzworträtselbuch ist ein Kugelschreiber. Beides reiche ich ihm herüber und sage: „Fang an.“
Er fängt nicht mit schreiben an, sondern mit fragen: „Was ist meine Personalnummer?“
„Die trägt die Sekretärin ein.“
„Ich kann keine Telefonnummer eintragen.“
„Warum denn das nicht?“
„Wie soll meine Mutter antworten, wenn ich nicht da bin?“
„Wer redet denn vom Festnetztelefon? Die Handynummer!“
„Ich habe kein Handy.“
„Wie, du hast keins? Eelco hat sich doch immer aufgeregt, wenn es gebimmelt hat!“
„Das ist lange her. Ich habe keins mehr.“
Wie geht denn so etwas? Er hat es überall hin mitgenommen, sogar zum Klo, bis wir gelästert haben, ob es wohl angewachsen ist! Ständig hat er mit Yugos telefoniert, und jetzt will er es einfach so abgeschafft haben? Sehr seltsam. „Egal. Dann trägst du eben nichts ein.“
„Nächste Frage: Muss ich angeben, zu welchen Schulen ich gegangen bin?“
„Wo siehst du denn dabei das Problem?“
„Und schon wieder stellst du komische Fragen!“, regt er sich auf.
„Du stellst viel komischere Fragen!“
„Willst du, dass wir streiten?“
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