17. Juli 2015

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Außerdem bin ich bisher davon ausgegangen, dass dieser bosnisch-serbische Wodkatrinker Eis nur in Würfelform in seinem Lebenswasser kennt. Dass er über so mädchenrosafarbenen Süßkram Bescheid weiß! Ich staune immer wieder.
„Backstubenbuben?“, lautet Simones Idee, und als das kollektive Geräusch der Ablehnung verklungen ist, präsentiert sie einen weiteren Namen: „Jeremy und die Musiker?“
Das kenne ich schon. Alle Leute, die zufälligerweise ein Saiten- oder Sonstwas-Instrument spielen, halten Schlagzeuger für unmusikalische Idioten, die nur stumpf ihre Trommeln bearbeiten. „Keine Diskriminierungen von Minderheiten“, bitte ich.
Simone hat schon wieder eine Idee. „Der Russe und die Tussen?“
Au weia. Das wird ja immer schlimmer.
Miloš bemängelt: „Ich bin kein Russe.“
„Wo kommst du denn her?“, erkundigt sie sich erstaunt. „Sorry, ich dachte nur, dass Miloš ein russischer Name ist.“
„Es ist kein russischer, sondern slawischer Name. Jeremy ist übrigens auch kein Engländer, obwohl „Jeremy“ englischer Name ist.“
„Aber russisch ist doch eine slawische Sprache?“, wundert sie sich und dann fällt ihr noch etwas ein: „Hat dein Name eine Bedeutung?“
Ich gehe dazwischen: „Haben wir uns getroffen, um über Namen zu reden oder um Musik zu machen?“
„Hast ja recht“, sagt sie und lässt endlich meinen Kumpel in Ruhe, der die Bedeutung seines Vornamens nicht mag, weil es immer Verniedlichungen und dumme Kommentare gibt. Miloš heißt nämlich „der Süße“ oder „der Liebliche“, hat er mir mal erzählt, als wir auch gerade bei dem Thema waren. Mein Name kommt vom hebräischen Jeremia und das heißt „den Gott erhöht“. Ich finde das toll.
„Jeder kann ja zuhause überlegen, was einem dazu einfällt. Hauptsache ist, wir machen gute Musik“, sagt Simone.
Dazu muss er noch ein bisschen Senf geben: „Oder wir machen schlechte Musik und haben Spaß dabei.“


dreiundfünfzigstes Kapitel

Manchmal kommt es einem so vor, als würde eine übergeordnete Instanz wie verrückt an den Tasten für Vorspulen und Pause spielen. Erst passiert alles auf einmal. Und dann wieder gar nichts.
Im letzten halben Jahr ist es ungefähr so gewesen.
Erst rauschte Cokko in mein Leben und zog hierher um. Zeitraffer. Dann der Ellbogenbruch. Pause. Dann wieder Zeitraffer: Schlagzeug, Proberaum, Bandgründung und so weiter.
Kann sich das Leben nicht auf eine Geschwindigkeit einigen?

Die Hektik geht nahtlos weiter.
Am Sonntag kehren Pieter und Becks bei uns ein. Ich habe ein großes Menü gekocht und erfreulicherweise ist Becks keine der Frauen, die ihr halbes Leben mit Diäten verbringt und die andere Hälfte damit, grundlos vor sich hin zu fasten. Auch sonst muss ich sagen, dass Pieter eine gute Wahl getroffen hat.
Ihr Name „Becks“ hat übrigens weder mit deutschem Bier noch mit englischen Fußballern zu tun, erklärt sie mir. Es ist die wohl kürzeste Kurzform von Rebekka, denn „Becki“ hat sie als Kind immer geheißen, sagt sie, und mit dem Erwachsenwerden sei einfach ein anderer Name dran gewesen. Sie ist fast so groß wie Pieter und sehr hübsch. Sie hat hellblondes Haar und blaue Sternchenaugen, ist braungebrannt und macht einen zupackenden Eindruck. Ebenso wie er treibt sie gerne Sport.

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