17. Juli 2015

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Das am zweiten Aprildienstag stattfindende Treffen oberhalb Stevens Backstube wird in den großen Werken über die niederländische Musikgeschichte vermutlich keine Erwähnung finden, aber für mich ist es eine wichtige Sache: Zum ersten Mal treffen Simone und Miloš aufeinander. Wir haben uns in den vergangenen drei Wochen zwar öfters gesehen, aber dann ging es nie um Musik, sondern um meinen Bruder. Gnädig wie ich bin, habe ich abgewartet, bis die Hormone wieder in erträglichen Bahnen fließen, bevor ich andere Dinge von Simone fordere.
Als ich die beiden gerade bekannt gemacht habe, geht die Tür auf und Lisanne steht mit einem unhandlichen schwarzen Koffer im Raum. Sie ist außer Atem und schnauft: „Hallo zusammen! Hoffentlich bin ich nicht zu spät?“
Verdattert frage ich: „Was machst du denn hier?“
„Deine Band probt, ich will mitmachen – was ist daran so erstaunlich?“
„Aber woher weißt du denn, dass wir uns hier treffen und heute und überhaupt?“
Sie beginnt herzhaft zu lachen. „Manchmal begegnet man in der Stadt netten Leuten, die einem solche Sachen mitteilen.“
„Und wer, zum Beispiel, hat dir solche Sachen mitgeteilt?“
„Dein Bassist, zum Beispiel“, grinst sie.
Der Bassist grinst ebenfalls.
„Äh, ja“, mache ich überrumpelt, sammele mich und stelle weiter vor: „Das ist Lisanne und das ist Simone. Simone kommt aus Hoorn und Lisanne kennen wir aus der Jesus-Pop-Band.“ Dann will ich wissen: „Was hast du da mitgebracht?“
Lisanne öffnet die Kiste und heraus kommt ein Akkordeon. Sie holt sich einen der Stühle heran und nimmt mit dem Instrument auf dem Schoß Platz, dann schaut sie sich um und fragt: „Kann es losgehen?“
Miloš’ Augen haben einen feuchten Glanz bekommen. Na klar, denke ich, die Hälfte des jugoslawischen Liedguts benötigt ein Akkordeon!
Die Gitarristin beobachtet das skeptisch. „Was willst du mit der Quetschkommode?“, fragt sie mit deutlich genervtem Unterton. Ich werde ihr das mit ihren 33,3% Stimmanteil noch mal vorrechnen müssen.
„Vielleicht Akkordeon spielen? Oder glaubst du, ich wollte damit Kaffee kochen?“, erwidert Lisanne schnippisch.
„Ich wusste gar nicht, dass du außer Klavier auch noch andere Instrumente spielen kannst“, sage ich. Vom Klavier zum Keyboard ist es kein weiter Weg. Ich denke mal, wenn man so gut Klavierspielen kann wie Lisanne, ist Keyboarden ein Klacks. Andersrum dürfte es nicht so einfach sein.
„Ich kann auch Triangel und Maultrommel spielen, auf dem Kamm blasen und viele heimische Vogelarten nachmachen. Eelco meinte, in der Jesus-Pop-Band wäre kein Platz dafür, deswegen komm ich mit meinen ganzen exotischen Musikvorstellungen zu dir“, lacht sie.
„Exotische Musikvorstellungen, soso“, mache ich, „da bin ich ja mal gespannt.“
Simone ist davon nicht besonders angetan. „Wir wollen aber Rockmusik machen, ich glaube nicht, dass wir–“
Lisanne unterbricht sie: „Hör dir das doch erst mal an! Ich habe nicht gesagt, dass ich meine Triangel auch auspacken will! Außerdem sollte das ein Witz sein, denkst du echt, ich will hier rumklingeln?“

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