17. Juli 2015

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einundfünfzigstes Kapitel

Montagabends ruft eine Simone bei uns an. Nach kurzer Begrüßung erklärt sie: „Meine Oma hat irgendwann neulich von deiner Oma gehört, dass du für deine Band eine Gitarristin suchst. Da wollte ich mal fragen, ob das noch aktuell ist.“
„Oh ja, das ist noch aktuell. Wenn du hier in der Nähe wohnst, komm doch einfach mal vorbei, was hältst du davon?“, biete ich spontan an.
„Heute ist es mir ein bisschen zu spät. Kannst du morgen Abend um acht?“
„Hm“, mache ich und gehe eilig durch, was ich von Miloš’ Wochenplanungen weiß. Mir fällt nicht ein, was er üblicherweise Dienstagabends tut. „Ich weiß nicht genau, weil mein Kumpel dann ja auch können sollte … also, der spielt Bass“, lasse ich zu ihrer Information einfließen, „Aber komm doch einfach, und wenn er nicht kann, können wir zwei ja schon mal gucken, ob das klappt mit der Musik.“
„Gut, und wo treffen wir uns?“, will sie nun wissen.
„Oh, das ist ganz einfach. Bist du schon mal in Zuyderkerk gewesen? Wenn du in die Stadt rein kommst“, lege ich los und werde unterbrochen: „Es reicht, wenn du mir die Adresse sagst, ich hab ein Navi im Auto.“
Also gebe ich nur Straße und Hausnummer weiter und wir verabschieden uns.

Der Arbeitstag vergeht ohne besondere Vorkommnisse und erfreulicherweise wie im Flug. Ich habe nicht viel außer der möglicherweise entstehenden Band im Kopf. Als ich wieder zuhause bin, rufe ich Miloš an, aber dort nimmt niemand ab. Eine halbe Stunde später versuche ich es wieder und erreiche genauso wenig Leute.
Vielleicht ist er mit seiner Mutter in eine Kneipe in Alkmaar gefahren, die von einem Yugo geführt wird. Miloš hat mir erzählt, dass sie gelegentlich da sind, um mit Landsleuten zu reden. Das dauert dann bis spät in die Nacht. Leider ist diese Kneipe ein schwieriges Thema, denn er würde gerne öfter dorthin fahren, kann es sich aber nicht leisten, und seiner Mutter bekommen die Aufenthalte nicht gut. Sie ist danach besonders traurig und sehnt sich nach der Heimat.

Also fahre ich um Viertel vor acht allein zur Bäckerei. Kurz darauf kommt ein Auto auf den Parkplatz gefahren, das ich nicht kenne. Ich begebe mich nach unten an den Eingang und sehe eine junge Frau aus dem Auto aussteigen. Ich schätze sie auf etwa 24 Jahre (wobei das nicht viel heißt, da ich ja im Schätzen eine Niete bin). Sie ist normalgroß, schlank und macht einen sportlichen Eindruck. Sie hat gebräunte Haut und blondes Haar. „Hoi“, begrüße ich sie, „Ich bin Jeremy. Wir haben gestern telefoniert.“
„Hallo“, macht sie und lacht: „Logischerweise bin ich dann die Simone.“
„Das trifft sich gut“, stimme ich ins Lachen ein und denke: Das ist doch schon mal ein guter Anfang. „Mein Kumpel kann übrigens nicht, du musst dich mit mir zufrieden geben.“
„Schade. Aber vielleicht kommen wir auch ohne ihn zu einem Ergebnis“, hofft sie und klappt den Kofferraumdeckel hoch. Ich nehme ihren Verstärker heraus, sie die Gitarre und wir gehen in den Proberaum.
Dort angekommen kriegt sie sich kaum wieder ein vor Begeisterungsbekundungen. Der Raum ist ihrer Ansicht groß genug, um ein Orchester unterzubringen und ausreichend Steckdosen gibt es auch. Außerdem ist das Gebäude relativ neu und es steht nicht zu befürchten, dass es allzu viele Kurzschlüsse wegen überlasteter Leitungen geben wird. Um auf so etwas zu achten, muss man wohl ein Instrument spielen, das auf Strom angewiesen ist.
Sie sucht sich einen schönen Platz aus und schließt ihr Instrument an. Dann schaut sie mich erwartungsvoll an: „Und was kommt jetzt? Wie willst du ohne restliche Band rauskriegen, ob wir musikalisch zueinander passen?“

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