17. Juli 2015

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Mittendrin geht die Tür auf und mein Bruder betritt in Begleitung eines Mannes in mehlbestäubter Arbeitskleidung den Raum. Beide haben Finger in den Ohren und warten das Ende unserer serbisch-niederländischen Kooperation ab.
Dann sagt der Mann bewundernd: „Das ist wirklich laut. Der Chef hatte zwar gesagt, dass hier eine Band reinkommt, aber ich hätte nicht gedacht, dass man unten so viel davon hört.“
„Wie laut sind wir denn?“, erkundige ich mich und puhle ein Ohr frei.
„Laut genug, um den Lärm der Bäckerei zu übertönen.“
„Jetzt am Nachmittag ist nicht viel los“, schränkt der Mann ein, „morgens würdet ihr das nicht schaffen.“
„Und welche Art von Musik wird das sein, wenn ihr eine Band seid?“, will mein Bruder nun wissen.
„Es ist schon Musik“, korrigiere ich, „nur ist unser instrumentales Repertoire noch nicht ganz ausgeschöpft.“
„Aha“, macht er, „und was soll mir das sagen?“
„Im Klartext heißt das, dass ich dir noch nicht sagen kann, welche Musikrichtung wir machen, solange die Band nicht komplett ist. Aber so ungefähr wird es in die Richtung „Rock vom Feinsten“ mit allerhand anderen Einflüssen gehen.“ Dass wir auch beschleunigte Balkan-Folklore spielen, sage ich ihm jetzt noch nicht. Darüber kann er sich später mal lustig machen. „Aber warte mal ab, wenn wir vielleicht eine Gitarre dabei haben oder zwei, dann wird es dir besser gefallen.“
Cokko wirkt skeptisch, aber weil er nichts weiter dazu sagt, stopfe ich mein Ohr wieder zu und zähle vor. Zwischen Schlag drei und vier verschwinden die beiden durch die Stahltür.

Wir sind gestern noch eine Weile im Proberaum gewesen und haben ausgenutzt, dass es keine Anwohner gibt, die sich über den gehobenen Geräuschpegel beschweren könnten. Als mein Arm dann durch gar nichts mehr zu überreden war, sich ein letztes Mal egal wohin zu bewegen, haben wir zuhause ein Bierchen getrunken und weil heute Freitag ist, dauert es nicht lange, bis Miloš und ich wieder auf einem Fleck hocken. Jeden zweiten Freitag, so auch heute, habe ich nicht lange zu arbeiten, und er hat nach wie vor keinen Job.
Außerdem weiß ich zufällig, dass seine Mutter mal wieder nur ihr Vergangenheits-Video guckt, anstatt am Leben teilzunehmen. Wenn es zuhause so ungemütlich ist, hat er keine Lust, dort herum zu hängen. Also hängt er bei Cokko und mir herum.

Weil es nicht einzusehen ist, dass so ein starker Kerl nichts zu tun hat (vor allem, weil meine linksarmigen Kräfte zurzeit noch allzu schnell am Ende sind), engagiere ich ihn, mir in Mommis Garten zu helfen, da kann er sich mal ein bisschen verausgaben.
Der Garten hat es wirklich nötig. Der Frühling steht in den Startlöchern und überall liegt noch altes Laub herum und mittlerweile entnadelte Tannenzweige bedecken die Beete. Wie ich gestern bereits vorhergesehen habe, ist es nicht mehr mild, sondern windig und regnerisch. Aber die Arbeit muss getan werden und deswegen tue ich sie jetzt, weil ich heute nicht alleine in der Kälte herumhampeln muss.
Anfangs war Miloš meiner Mommi überhaupt nicht geheuer, weil er tätowiert ist und eine ziemlich unbewegte Miene aufsetzen kann, wenn er will oder an nichts denkt. Doch sie vertraut meiner Menschenkenntnis und hat ihn mittlerweile ins Herz geschlossen, weil er neben den bereits erwähnten Eigenschaften sehr hilfsbereit ist. Er bekommt ebenso wie ich Wolken­pudding und andere Zuwendungen, wenn er welche braucht.

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