17. Juli 2015

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Dreimal fahren wir auf zum Teil bedingt verkehrstaugliche Art mit den Fahrrädern voller Trommeln durch die Stadt und beim vierten Mal habe ich den Bass umhängen und Miloš balanciert vor sich einen Kasten Mineralwasserflaschen und darauf den Verstärker, dann ist der Proberaum fürs Erste fertig eingerichtet und wir fangen gleich volle Kanone an zu rocken.
Leider müssen wir nach ungefähr einer Viertelstunde schon wieder aufhören, denn mein Arm will nicht, wie ich will. Ich will schnell und laut trommeln und am liebsten eine ganze Stunde lang. Der Arm will seine Ruhe und sonst nichts. Na ja, ich habe ihn fast neun Wochen nicht bewegen können, da darf man sich über nichts wundern.
Miloš nutzt die Pause, um eine längliche schwarze Tasche hervor zu holen, die ich nicht beachtet habe, weil sie am Gitarrenkoffer festgeschnallt war. Er zieht einen Mikrofonständer heraus und baut ihn auf. Dann schließt er ein Mikro an seinen Verstärker an und vertraut mir verlegen grinsend an, dass er etwas ausprobieren möchte.
Er dreht einige Knöpfe am Verstärker, bis der Bass fast wie eine E-Gitarre klingt. Dann singt er mir ein Lied mit serbischem Text vor, das sich ziemlich gut anhört. Nach der ungefähr dritten Strophe lässt er jedoch die Finger von den Saiten und singt mit geschlossenen Augen weiter. Seine Stimme wird leiser und immer rauer. Ich glaube, er ist gerade ganz woanders.
Als er nach ziemlich vielen Strophen endet, spendiere ich ihm einen Trommelwirbel und frage begeistert: „Hast Du dir das ausgedacht? Worum geht’s da?“ Ausgerechnet Miloš, der sich sonst am liebsten schweigend mitteilt, präsentiert das erste richtige Lied unserer Band! (68)
Jetzt wird er richtig verlegen. „Ein Kerl ist verliebt, aber Mädchen will nichts wissen, weil er kein Geld hat, aber sie will nach Amerika. Aber er hat altes Fahrrad und sagt, nix Amerika, nur Adria. Mädchen geht mit … und heiraten … und auf Hochzeitsfeier es gibt viel Schnaps und alle Freunde tanzen. Ist sehr kurz gefasst.“
„Aha“, mache ich. „Hast du es dir ausgedacht oder ist es ein serbisches Lied?“
„Nein, es ist von früher. Es ist … ein Volkslied. Nicht serbisch, sondern jugoslawisch. Es ist sehr bekannt, aber eher mit Harmonika und Violina. Bei lustige Feste kannst du spielen, aber sie sollen besser vorher schon ein bisschen trinken. Dann können alle besser singen und dazu tanzen. Deswegen es ist so lang.“
Er stellt sich ans Mikro und spielt wieder die ersten Takte an. Jetzt singt er nicht mehr so melodisch, sondern eher laut und rotzig. Ich versuche mich am Rhythmus und was wir so zusammen bringen, klingt ziemlich gut, auch wenn Eigenlob angeblich stinkt. Wenn ich erst wieder richtig trommeln kann … und wir eine Gitarre dabei haben … und Lisanne sich vielleicht mit dem jugoslawischen Text anfreunden kann …
Warum sollte sie das tun?, fällt mir auf einmal auf, warum sollte Lisanne jugoslawisch lernen, wenn Miloš das doch viel besser kann?
Nach dem ersten Durchgang sage ich: „Wir müssen keinen Sänger mehr suchen. Du bist der Sänger dieser Band.“
Energisch schüttelt er den Kopf. „Das kann ich nicht.“
„Doch, kannst du. Es klingt super. Und dein Niederländisch ist viel besser geworden.“
„Nein. Ich tue es nicht.“
„Weigerst du dich?“, frage ich. Ich habe nicht die Absicht, die Band wie Eelco zu regieren, aber trotzdem muss ich wissen, wie weit meine Macht als Bandgründer reicht.
Miloš guckt mich an, als habe er genau denselben Gedanken. „Ja.“
Trotzdem gebe ich noch nicht auf. „Warum bringst du dann ein jugoslawisches Lied mit?“
Er atmet ein paar Mal tief ein und aus, dann ist er zu einem Kompromiss bereit. „Yugo-Lieder singe ich. Ja. Aber nicht niederländische. Das kannst du machen. Das klingt auch super.“
„Ich kann aber nicht zugleich gut trommeln und gut singen.“
Jetzt grinst er. „Doch, kannst du. Ich habe oft gehört, auch wenn ich keine Sprache verstanden habe.“
Na logo, das war ja auch die Sprache des heiligen Geistes, denke ich, die kannst du nicht verstehen – außer es gefällt dem heiligen Geist, entweder mir Wörter zu geben, die du verstehst oder dir einfach Verständnis für meine Wörter.
„Machen wir weiter?“, fragt er.
Ich zähle vor und wir fangen von vorne an.
Wir brauchen einen hauptamtlichen Sänger, vorher wird es nichts mit dem Erfolg, das weiß ich sicher.

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