17. Juli 2015

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„Ich mag neue Schuhe nicht. Sie sehen so neu aus“, mäkele ich an den Produkten der Schuhindustrie herum.
Cokko rollt mit den Augen. „Dann such dir ein Paar von meinen Schuhen aus, bis du neue alte Schuhe gefunden hast. Meine sind alle nicht mehr neu. Irgendeinen Nutzen muss es haben, dass wir gleichgroße Füße haben.“
Wir gehen zu dem Schuhregal, das ich extra für Cokkos Vielfüßigkeit angeschafft habe. Ich brauchte keins, meine Schuhe (die Turnschuhe, Hausschlappen und Sandalen) konnten gut ungestapelt im Flur herum stehen; außerdem befanden sich da meist nur zwei von drei Paar, denn eins hatte ich schließlich an den Füßen. Und mein viertes Fußbekleidungspaar sind knallgelbe Gummistiefel, die ich selten benutze und auf der Kaap Hoorn aufbewahre.
Die schwarzen, braunen und blauen Halbschuhe würdige ich keines Blickes. Halbschuhe finde ich doof. Ich schaue mir die schwarzen Doc’s an, die seit unserem letzten Ausflug nach Alkmaar und von dort nach Egmond aan Zee auf die Schuhputzbürste warten. Zumindest in ihrem jetzigen Zustand sehen sie wesentlich älter aus als sie sind. Gute Werbung.
Cokko deutet mein Interesse richtig. „Die kannst du haben, ich ziehe sie sowieso nicht mehr in der Öffentlichkeit an.“
Ich probiere die Schuhe an. Meinen Zehen gefällt es in ihrer neuen Höhle, sie haben ausreichend Platz und es ist trocken. Ich stehe auf und gehe durch den Flur.
„He, du Sandmännchen, du streust Sand.“
Ich ziehe die Schuhe wieder aus und gebe sie ihrem letzten Benutzer wieder. „Du warst damit am Strand. Du darfst sie putzen“, bestimme ich.
Er grinst. „Fauler Sack.“ Im Winkel hinter der Wohnungstür hängen an drei alten Kleiderhaken ein Besen, ein Schrubber und ein Spinnwebenwedel. Darunter befinden sich Eimer und Putzmittel sowie ein Kehrset. Ich nenne die Ecke meinen Putzschrank, obwohl es gar keinen Schrank gibt.
Cokko streckt den Arm aus, nimmt sich den Besen und hält ihn mir hin. „Du bist durch den Flur gelaufen. Du darfst den Sand auffegen.“
„Pieter wird sich wundern, dass ich einfach so andere Schuhe habe. Er hat schon Vermutungen darüber angestellt, ob die Turnschuhe bei mir angewachsen wären oder so was.“
„Wie kommt er nur darauf?“, grinst Cokko ironisch, „Wo du doch kaum mal zwei Tage am Stück in den Latschen unterwegs bist!“
„Ich bin eben nicht so modebesessen wie du“, rechtfertige ich mich.
„Warum eigentlich nicht?“, fragt er. „Bloß, weil Helena es war? Wolltest du nur gegen sie sein?“ Cokko geht in die Küche und holt eine alte Zeitung. Im Flur breitet er sie aus und säubert die Schuhe über dem Papier.
Gut, dass ich noch nicht zu fegen angefangen habe, jetzt wäre die Arbeit vergebens. „Ich ziehe halt die Sachen an, die ich schon habe, anstatt mir ständig neue Sachen zu kaufen. Ich gebe mein Geld lieber für andere Dinge aus.“ Ich stütze mich auf den Besenstiel und schaue meinem Bruder beim Arbeiten zu.
„Aber mal ganz ehrlich, wofür gibst du dein Geld aus?“, fragt er nachdenklich. „Bisher ist mir noch nichts aufgefallen, für das du besonders viel Geld ausgibst.“
„Zurzeit bin ich auch am Sparen. Ich will mir demnächst endlich wieder ein eigenes Schlagzeug kaufen. Aber bevor du hergekommen bist, habe ich mir viele Sachen für den Haushalt kaufen müssen, weil Helena ja einiges mitgenommen hatte. Die Schränke hab ich zwar günstig gebraucht gekriegt, aber zum Beispiel so eine Werkbank findet man nicht auf dem Sperrmüll. Und wenn ich nicht gerade spare, gebe ich mein Geld gerne auf Dersummer­oog aus oder um die Kaap Hoorn instand zu halten. Der Liegeplatz kostet auch was. Außerdem leiste ich mir diese Wohnung. Es gibt billigere in Zuyderkerk, aber die liegen nicht in so einer schönen Straße mit netten alten Häusern.“
„Wenn wir also zusammen hier wohnen, muss du weniger Miete zahlen und hast dein Schlagzeug schneller zusammen?“, fragt er.

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