Eine Sache jedoch werde ich wohl nie mit Pieter zusammen machen können, nämlich in den Jugendgottesdienst gehen. Auch Miloš steht meinem Glauben skeptisch gegenüber, nur Cokko kommt mit.
Wir sind zwar nicht mehr so richtig jugendlich, aber mit dem Begriff werden in meiner Kirche großzügig alle Leute zusammengefasst, die älter als 14 sind und sich noch nicht zu alt dafür fühlen. So ist es zu erklären, dass Eelco und ich uns aus der Jugendgruppe kennen, obwohl unsere Jugend zu dem Zeitpunkt schon hinter uns lag.
Wenn es einen Jugendgottesdienst gibt, ist meist die Jesus-Pop-Band mit von der Partie, so auch heute. Es ist das erste Mal seit meinem Abgang, dass ich die Band sehe.
Die neue Bassistin ist ein schüchternes Mädchen, das Eelco vermutlich genau wie Denise aus der Jugendgruppe rekrutiert hat. Es ist krampfhaft bemüht, richtig zu spielen, schleppt aber immer etwas hinterher (oder auch etwas mehr). Und Denise trommelt stellenweise so herzerweichend neben dem Takt, dass das Zuhören weh tut. Dabei sieht es stark danach aus, dass sie angesichts der vielen Trommeln den Überblick verloren hat und ihre Treffer gleichmäßig auf alle vorhandenen Trommeln verteilen möchte.
Von der alten Schlagzeugerweisheit „Besser nur eine Trommel und damit gute Musik gemacht als hundert Trommeln und nur Krach produziert“ hat sie wohl noch nie etwas gehört. Mein Schlagzeuglehrer hat mich diese Prämisse so oft wiederholen lassen, bis ich mich freiwillig mit nur einer Trommel abgegeben habe. Ihm war wichtiger, dass ich erst ein sicheres Taktgefühl und ein Gespür fürs Lied entwickele.
Damit ich nicht immer weiter daran denken muss, was Eelco alles falsch gemacht und was ich an seiner Stelle viel besser gemacht hätte, gebe ich mir Mühe und konzentriere mich auf die Texte der Lieder, schließlich bin ich ja zur Anbetung hier und nicht als Musikkritiker.
Aber Cokko kennt mich. Nach dem Gottesdienst sind wir bei Mommi eingeladen. Auf dem Weg zu ihr fragt er: „Wie kommst du damit klar, dass das Mädchen deinen Platz eingenommen hat?“
Ich zucke die Schultern, „Denise hat meinen Platz nicht eingenommen. Ich kann ein bisschen besser trommeln. Als ich aus der Jesus-Pop-Band geflogen bin, war es in Prinzip eine Art Arschtritt, damit ich endlich anfange, über meine eigene Band nachzudenken.“
„Und war es hart für dich, wie sie gespielt hat?“
Noch einmal wackele ich mit den Schultern. „Was heißt hier hart. Ich glaub, sie trommelt seit einem Jahr. Ich habe da einfach mehr Erfahrung. Das kann man nicht vergleichen.“
„Das klingt, als wärst du Eelco nicht böse und würdest es gut finden, was passiert ist.“
„Ich bin ihm auch nicht böse“, versuche ich die Geschichte für meinen Bruder verständlich zu machen. „Warum sollte ich das sein? Meine Zeit in der Jesus-Pop-Band war vorbei. Spätestens im Januar hätte er sich einen anderen Trommler als Ersatz für mich geholt. Und wenn ich meinen Gips los bin, hätte ich den als Konkurrenz gehabt. Keine normale Band hat zwei Trommler. Eelco hätte sich dann nicht für den besseren entschieden, sondern für den, der besser in die Band passt. Allerdings war ihm nicht klar, was passiert, wenn ich gegangen werde. Er hat nicht damit gerechnet, dass Miloš zu mir halten und die Band verlassen würde. Nur meinen Abgang hätten sie irgendwie kompensieren können, aber mit gleich zwei Neubesetzungen sind sie überfordert gewesen. Also kommt es in Prinzip aufs Gleiche raus.“
Jetzt nickt er. Mit dieser Erklärung kann er leben, scheint’s.
Weil ich beim Kochen mit Mommi nicht faul herumsitzen will, bloß weil ich nur eine Hand zur Verfügung habe, mache ich mit, bis mir die Nachtischschüssel herunter fällt. Glücklicherweise ist der Wolkenpudding noch nicht darin gewesen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen