einundvierzigstes Kapitel
Es ist mein Glück, dass am nächsten Tag niemand etwas von mir verlangt. Ich halte mich mit Getränken und magenschonenden Kleinstmahlzeiten beieinander, denn mein Kater ist kein freundliches Tierchen, eher eine Art prähistorischer Säbelzahntiger.
Leider bin ich viel zu früh wach geworden, weil ich nämlich fast verdurstet bin. Schon seit halb elf schütte ich alle paar Minuten Mineralwasser in mich oder bringe es zurück in den Wasserkreislauf. Cokko hat es besser, der pennt bis nachmittags um vier.
Tante O hat den Mangel an Mittagessern mit einem weisen Lächeln zur Kenntnis genommen, etwas wie „Jaja, die Jugend“ gesagt und weil dann Ferdinand kam, sind sie zu ihm abgedampft. Aufgrund meines aktuellen Zustands ist es mir nicht in den Sinn gekommen, nach dem Zustand ihrer Beziehung zu fragen. Sind sie nun zusammen oder nicht? Vielleicht kriege ich es in den kommenden Tagen mit.
Als ich gerade vom Wohnzimmer in die Küche wanke, um mich eine Weile dort niederzulassen, kommt Cokko die Treppe herunter. Obwohl er viel länger auf der Fete gewesen ist, sieht er lebendiger aus, als ich mich fühle. Auf der Eckbank angekommen stütze ich mich auf die Tischplatte, um nicht umzukippen. Mein Bruder setzt sich neben mich, nachdem er sich eine Tasse Kaffee gemacht hat. Grinsend macht er meine Sitzhaltung nach: Er stützt die Unterarme auf die Tischplatte und hängt sich dann irgendwie dazwischen. Das sieht komisch aus, aber bloß deswegen setze ich mich nicht anders hin. Mir ist heute alles zu anstrengend.
„Alter, du siehst voll scheiße aus“, bemerkt er grinsend.
„So fühl ich mich auch“, gehe ich nicht weiter auf das Negativ-Kompliment ein.
„Ich soll dich übrigens einladen“, richtet er aus, „Wenn du nichts sonst zu tun hast, Cora geht jeden Tag ungefähr um halb drei spazieren. So wie ich Anno verstanden habe, findet er das eine gute Abwechslung zu den ständigen Partys und er wird wohl mitgehen. Ieuwkje ist also auch dabei und deswegen wird es mich nicht besonders wundern, wenn auch der Rest der Clique mitgeht.“
„Woher weißt du das? Du hast doch bis gerade noch gepennt!“
„Irgendwann gestern haben sie das ausgehandelt, kurz bevor Cora gegangen ist. Demnach muss es noch ziemlich früh gewesen sein.“
Ein Blick zur Uhr bestätigt mir: „Na ja, für heute ist es zu spät, mit Cora über den Strand zu wandern. Da hat sie Pech“, grunze ich.
Mein Bruder guckt mich prüfend an. „Was hast du eigentlich gegen sie? Sie mag dich.“
„Erzähl ich dir später mal“, verspreche ich halbherzig und stehe auf, um mal wieder zum Klo zu wackeln. So allmählich sollte ich aufhören mit der Wassertrinkerei, ich fühle mich schon ganz durchflossen.
Als ich wieder in die Küche komme, hat mein Bruder Brot und Aufschnitt auf den Tisch geräumt und weil das keine schlechte Idee nach dem ganzen Wasser ist, setze ich mich dazu und mache mir ein kleines Käsebrot. Irgendwie muss ich ja mal auf Normalnull kommen!
Cokko braucht ein bisschen länger, bis er fertig ist mit Essen und weil er offenbar findet, dass ich nicht untätig herumsitzen soll, fragt er nach einer Weile: „Und, warum kannst du sie nicht leiden?“
„Wen?“
„Na, Cora. Du hast eben gesagt, dass du es später erzählen willst und jetzt ist später.“
Bevor er mich ab jetzt den restlichen Tag damit nervt, gebe ich lieber nach. „Wir haben uns im Herbst getroffen, als ich das letzte Mal auf der Insel war, bevor du kamst“, leite ich meine Geschichte knapp ein. „Wir sind Segeln gefahren und hinterher kam Ieuwkje an und meinte zu Cora, ob wir zusammen wären.“
„Aha?“, füllt er meine Luftholpause interessiert.
„Waren wir aber nicht, wir kannten uns ja erst einen Tag. Und da hat Cora gesagt, dass sie mehr auf etwas reifere Männer steht“, ende ich ebenso knapp, wie ich angefangen habe. Ich habe keine Lust, auch die ganzen anderen Taktlosigkeiten aufzuzählen.
Weil ich nicht weiterrede, hakt Cokko nach: „Und warum magst du sie nicht mehr?“
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