4. Juli 2015

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Boje grinst und murmelt was von Klo. Damit verschwindet er aus dem Becken.
„Und worüber reden Brüder so lange?“, möchte Alison erfahren.
Ich finde kein großes Geheimnis bei den Sachen, es ist mehr ein Art Vergangenheitsbewältigung: ich bewältige Cokkos und er meine. Bisher ging es da um erste Freundinnen und schlimmste Peinlichkeiten in der Schule und Lieblingsessen und Sport im Fernsehen und Meinungen zur Politik und das Wetter und Haustiere und Musikbands. (54) Aber wir gucken uns an und sagen nichts.
„Immerhin seid ihr schon mindestens eine Stunde hier“, schiebt sie nach.
Anno hat Erbarmen mit uns. Er zupft seine Kusine sachte am Ohr. „Du bist ziemlich neugierig. Wahrscheinlich haben sie über Männerkram wie Frauen, Autos und so weiter gesprochen. Nun behaupte noch, dass du das interessant findest!“
„Wo bleibt eigentlich Boje?“, fragt Ieuwkje, um uns auf ein anders Thema zu bringen, „Ist der ins Klo gefallen?“
„Vielleicht muss er jemandem die Politik erklären“, überlegt Anno.
„Politik? Wieso das? Er macht nicht gerade den Eindruck, dass er gerne Politiker sein würde, so maulfaul wie er ist“, wundere ich mich. „Reden gehört doch bei den Herren Politikern zum Geschäft.“
„Nein, er nicht. Aber sein Vater ist der Bürgermeister, und die meisten finden diese Politik nicht gerade gut. Wenn das so weiter geht, wird er wohl nicht wieder benannt werden. Die meisten Insulaner hatten sich mehr davon versprochen, einen von der Insel zu bekommen. Davor hatten wir einen Festländer auf dem Posten, und der hat sich auch nach einer Legislaturperiode nicht mehr bewerben dürfen“, erklärt der einzige echte Insulaner in unserer Runde. Ieuwkje ist ja in Alkmaar aufgewachsen.
„Wie, er hat sich nicht mehr bewerben dürfen?“, fragt Cokko verständnislos nach. „Werden die Bürgermeister bei euch nicht gewählt?“
„Innerhalb der Parteien schon, aber die Kandidaten bewerben sich beim koninglijke Com­missaris. Der wird vom Innenminister benannt. Wen also dieser königliche Kommissar ernennt, der ist Bürgermeister. Nach einer Legislaturperiode kann neu ernannt werden oder der vorige bleibt im Amt.“
Er murmelt etwas, das nach „umständliche Monarchisten“ klingt, aber sicher bin ich nicht, obwohl ich gleich neben ihm sitze. Anstatt es sich aber mit anwesenden Monarchisten zu verderben, fragt er lieber: „Und wen hätten die Dersummerooger lieber als Bürgermeister?“
„Das kommt ganz drauf an, welche Partei sie wählen“, sagt Anno. „Aber eigentlich bringt das ganze Wünschen nichts, denn Herr Lemhuis hat regulär noch zwei Jahre im Amt vor sich. Natürlich gibt es einige, die sich den Job vorstellen könnten und die von der Bevölkerung zum Teil auch für kompetenter als Herr Lemhuis gehalten werden würden.“
„Das klingt, als hättest du dich damit eingehend befasst“, sagt Ieuwkje, „Ich wusste gar nicht, dass die Politik dich so interessiert.“
„Tja, da kannst du mal sehen, meine Liebe. Du weißt eben noch nicht alles von mir“, gibt er lächelnd zurück.
„Und, wer macht sich Hoffnungen auf den Bürgermeisterposten?“, erkundigt sie sich nach der Personalpolitik.
„Pastor Drevenstedt aus Dersum“, zählt er auf, „Martje Viorst, die den Campingplatz in Oosterend betreibt, David Raatjes, das ist der Großbauer aus Seeryp und ein gewisser Herr Oppenhuizen aus Westerdorp.“

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