„Nein. Wenn du nicht gestört werden willst oder das Haus verlässt, machst du natürlich zu. Wenn du Pensionsgäste hast, ist es aber noch mal was anderes. Du kannst die ja nicht einfach aussperren und jedem einen Schlüssel zu geben ist auch nicht praktisch. Die Hälfte der Urlauber wird am Abreisetag vergessen, den Schlüssel wieder abzugeben und dann muss man ständig neue machen. Also bleiben die Türen auf. Zuhause mache ich das auch so.“
„Tun das alle Niederländer?“
„Ich war noch nie die anderen, ich weiß das nicht“, sage ich, was ich auch Kindern sage, wenn die etwas wollen, was angeblich alle anderen haben oder dürfen: ‚du bist ja nicht die anderen’. „In den Städten ist es sicher nicht überall so, aber in ländlichen Regionen bleiben viele Türen noch auf. Natürlich bist du nicht dazu verpflichtet. Der eine macht’s, der andere nicht.“
„Ma hat das jedenfalls nicht gemacht.“
„Ihr habt auch nicht hier gewohnt“, gebe ich die Weisheit des Jahres von mir.
Abends führen wir unser zweites Telefonat mit Douglas. Er sagt, dass er mit meinem Vater telefoniert hat und dass der sich zu keiner Aussage hat hinreißen lassen, außer der, dass er mich umgehend nach Ende meines Inselaufenthaltes bei sich zuhause erwartet. (45)
Na, das klingt ja wirklich einladend!
neunundzwanzigstes Kapitel
Zufällig belauschen wir am Samstagnachmittag ein Telefonat von Tante O, in dessen Verlauf sie irgendwann erbost ruft: „Du bist ja verrückt!“ und „Was willst du von mir?“ und dann grußlos auflegt.
Was mag da vor sich gehen? Als wir die alte Tante kurz darauf wieder sehen, ist sie immer noch ziemlich ungehalten. Ich mache mir so meine Gedanken. Soll ich nachfragen? Immerhin ist Ieuwkje nicht da … Hat sie Sorgen? Ist was schlimmes passiert? Ich will einen Moment abpassen, in dem ich mit ihr alleine bin, aber mindestens Cokko ist immer dabei.
Erst am nächsten Morgen ergibt sich beim Frühstück eine Gelegenheit und ich frage nach. Tante O winkt ab, „Das geht dich nichts an.“
Ich widme mich meinem Müsli und den „Eilanden-Nieuws“. Ja, sie hat Recht; was weiß ich schon von ihrem Leben, ich bin ja nur wenige Wochen im Jahr hier.
Unerwartet räuspert sie sich und sagt: „Ein Mann hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, mit ihm den Lebensabend zu verbringen.“
„Oh!“, mache ich erstaunt. Mehr fällt mir nicht ein. Wobei – „Und wo ist da das Problem? Das ist doch toll?“
„Ach was, in meinem Alter!“, regt sie sich auf, „Und überhaupt, was will er denn von mir? Er behauptet, dass das Haus ja ganz leer ist, wo Ieuwkje nicht da ist, und er will zu mir ziehen. Aber zu Weihnachten ist sie dann zurück, dann ist es nicht mehr leer, und wie denkt er sich das denn?“
„Sagst du mir vielleicht, wer dieser Mann ist?“
„Nein“, schnaubt sie, „ganz sicher verrate ich dir das nicht!“
Ich weiß nicht warum, aber im selben Augenblick ist es mir völlig klar: es kann nur Ferdinand sein. Niemand sonst kommt in Frage, denn niemand sonst ist so oft hier, wirbt so ausdauernd um sie und reagiert so eifersüchtig, wenn zum Beispiel Henk charmant zu ihr ist.
„Hat er denn gesagt, warum er gerne zu dir ziehen möchte?“
„Nein“, macht sie grimmig, „und außerdem glaube ich ihm kein Wort von dem, was er sonst noch gesagt hat!“
„Oh je“, mache ich unwillkürlich.
Innehaltend hakt sie nach: „Was soll das heißen, oh je?“
„Soll ich dir das mal übersetzen, wie ich das verstehe, so als Mann?“, biete ich an.
„Nur zu.“
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