28. Juni 2015

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Auf halber Strecke entbrennt ein heißer Kampf.
Cornelius muss es mal wieder ein bisschen doller treiben als ich (wir scheinen uns wirklich ähnlich zu sein) und wechselt auf die Straße, weil die hier ganz entgegen der Regel besser ausgebaut ist als der Radweg. Nach dem Bau der jüngsten Ferienhäusersiedlung in Kinnum musste die Straße erneuert werden. Die schweren Baumaschinen hatten den Asphalt ruiniert.
Prompt taucht aus dem Dämmer hinter uns ein Auto mit Lichthupe auf, ich erkenne über die Schulter hinweg, dass es ein Polizeiwagen ist. Er brüllt mir zu, was das soll, und ich brülle zurück, dass wir eine Polizeistreife hinter uns haben. Aus Spaß am Brüllen macht er weiter mit dem Krach.

Erst in Tante Os Küche ist er wieder zu artikulierten Aussagen in der Lage. „Wenn ich das meinen Kumpels zuhause erzähle, die glauben mir kein Wort. Dass du ein Boot hast, okay, vielleicht ein Paddelboot. Aber nicht so ‘n tolles altes Segelschiff. Und überhaupt. Und wie du so drauf bist, und was die Leute hier so machen und so. Fällt mir ein, kanntest du die Cops?“
Ich habe den Insassen des Polizeiautos zugewinkt, deswegen kommt er jetzt darauf. „Ja. Aber denk nicht, dass ich hier alle kenne. Der Beifahrer ist der Bruder von Anno, du weißt schon, der aus der Kneipe, der mit dem Klonen“, helfe ich ihm gedanklich auf die Sprünge.
„Die glauben mir kein Wort. Ich hör’ schon, wie sie lästern.“ Cornelius zieht ein Gesicht. „Dass ich mir das alles bloß ausgedacht hätte, weil die Reise voll langweilig gewesen wäre.“
„Wenn du fertig bist mit lamentieren, können wir ja was essen, und wenn es Tante O und Ferdinand nichts ausmacht, könnten wir dann mal gucken, was es in der Glotze gibt“, sage ich und mache die Kühlschranktür auf.
„He“, macht er erstaunt, „darfst du das einfach so? Das ist doch nicht deine Küche! Ich denk, wir wohnen hier bloß in Pension!?“
Ich kann mir das Lachen nicht verkneifen. „Du bist auch echt witzig, weißt du das? Soll ich dir mal erklären, wer hier wie bei wem in Pension wohnt? Das ist so“, fange ich an und schließe den Kühlschrank vorerst wieder. Ich will ja nicht, dass er ein Wärmschrank wird. „Du hast natürlich Recht, dies ist eine Pension. Deswegen sind da oben auch die Zimmer und das zweite Bad.“ Ich weise zur Zimmerdecke. „Vor ein paar Jahren hat Tante O sich ein bisschen aus dem Geschäft zurück gezogen, weil sie es nicht mehr geschafft hat. So eine Pension macht ja einen Haufen Arbeit. Aber ganz drauf verzichten kann sie auch nicht, dafür kriegt sie zuwenig Rente. Seitdem kommen also nur noch die Stammgäste oder Freunde von ihr oder von Ieuwkje. Im Moment ist aber gerade mal keiner da. Früher war ich der Freund von einer Freundin von Ieuwkje, die zur Zeit nicht hier ist, aber sonst hier wohnt. Inzwischen bin ich zu Hausfreund oder so etwas aufgestiegen. Kapiert?“
„Äh … und was hat das alles mit dem Kühlschrank zu tun?“, fragt er.
„Wie dir vielleicht aufgefallen sein könnte, kriegen wir dafür, dass wir zur Halbpension wohnen, eine ganze Menge Mahlzeiten. Das liegt daran, dass ich eine Menge Sachen tue, die ein normaler Gast nicht tun würde. Zum Beispiel habe ich die Hollywoodschaukel repariert.“
„Versteh ich nicht“, unterbricht er. „Bist du etwa nur wegen der Hollywoodschaukel gekommen? Und was arbeitest du eigentlich, wenn du so was reparieren kannst? Wie will sie dir Kilometergeld für die Fahrt geben?“

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