5. Juni 2015

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Nach dem Frühstück begeben wir uns an die Arbeit. Erst räumen wir das Schlafzimmer leer und entfernen den Teppich, dann wiederholen wir die Prozedur im Wohnzimmer.
„Ich hab dir hier übrigens meinen Schwingschleifer mitgebracht“, sagt Pieter, „deiner war doch kaputt.“
„Danke, aber mit so einem Heimwerkerpipikram fange ich gar nicht erst an.“
„Heimwerkerpipikram! Besten Dank, dir leihe ich noch mal was“, tut er eingeschnappt. „Und womit schleifst du die Bretter dann ab?“
„Mit Profiwerkzeug.“
„Aha. Und woher nimmst du das Profiwerkzeug?“
„Ich leihe es mir beim alten Bosvelt, und die Absaugvorrichtung gleich mit.“
„Ist das der Schreiner hier um die Ecke?“, fragt Pieter, und weil ich nicke, sagt er: „Immer gut, wenn man Beziehungen hat. Das ist das A und O, wenn es mal um die Wurst geht.“
„So ist es. Kommst du mit?“
„Nee, geh du mal alleine zu deinem Profihandwerker.“ Er macht es sich auf dem Balkon gemütlich. Dort befindet sich eine alte Hängematte aus ehemals weißem Plastik, die insgesamt so hässlich und aus der Mode zu sein scheint, dass Helena sie mir überlassen hat – und das, obwohl sie das Teil damals gekauft hatte! Welch ein Großmut!

Die Bosvelts sind ein Familienbetrieb, der von den beiden jüngeren Generationen geleitet wird. Der alte Bosvelt kreuzt nur noch zum eigenen Vergnügen in den Werkstatträumen auf; er ist schon weit über 70. Seit ich Popp nicht mehr um alles fragen kann, ist er mein erster Ansprechpartner. Er leiht mir das gewünschte Werkzeug, denn er weiß, dass ich es unbeschädigt zurück bringen oder den Schaden ersetzen werde. Das habe ich bisher immer so gehalten, sonst würde ich bestimmt nichts mehr geliehen bekommen.
Der Rückweg dauert länger als der Hinweg, weil ich Halt mache an Pieters und meiner Lieblingspizzeria. Diesen Umweg wird er mir sicher verzeihen. Und da ich schon im Stadt­zentrum bin, gehe ich auch noch ins Uhren- und Schmuck­geschäft, um die Batterie meiner Armbanduhr austauschen zu lassen.
Daran kann man mal sehen, was wirkliche Qualität wert ist: Dies ist die erste Batterie, die ich kaufen muss, seit ich die Uhr habe. Die Schweizer verstehen ihr Handwerk.

Nach Pizza und Umräumen will Pieter alle Viere von sich strecken, aber ich überrede ihn, damit noch eine kleine Weile zu warten. Pieter hat nämlich ein geräumiges Auto, und diesen glücklichen Umstand muss ich nutzen, um meine Werkzeuge aus dem Werkraum in der Schule hierher zu schaffen. Es würde sonst eine Plackerei, weil ich Dekupiersäge und Holz­vorräte (um die umfangreichsten Artikel zu nennen) nicht auf dem Fahrrad transportieren kann.
Doch nachdem auch diese Arbeit getan ist, sehe ich mich zufrieden in meiner „neuen“ Wohnung um. In den beiden Räumen ist nichts an seinem alten Platz geblieben. Für das Schlafzimmer muss ich noch eine neue Matratze und die Paletten besorgen, aber ansonsten ist die Umgestaltung abgeschlossen.
Pieter bestätigt mir, dass wir ganze Arbeit geleistet haben und dass sich die Neuordnung durchaus sehen lassen kann, dann verzieht er sich nach Hause. Ich habe nämlich leider noch einen Termin übrig für diesen Tag, das ist die Bandprobe. Lieber würde ich nicht hingehen, aber ich muss mich dringend regelmäßiger bei den Damen und Herren Musikern blicken lassen, sonst, so haben sie bereits mehrfach angedeutet, suchen sie sich einen neuen Trommler. Vor allem Eelco enthält sich gewöhnlich nicht solcher Androhungen.

Als ich dann endlich ins Bett komme, ist es fast Mitternacht. Wir haben aber nicht so lange ausgezeichnete Musik gemacht, schön wär’s gewesen!

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