5. Juni 2015

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„Nichts, er weiß nichts davon. Wenn ihm die Dielen nicht gefallen, kann er Teppich drüber legen oder sie wieder dunkel anstreichen. Besser gesagt kann er mich verdonnern, es zu tun. Aber das ist ja was anderes, als wenn ich eine Wand einreißen würde. Weiter mit der Wohnung. Den Schreibtisch wollte ich dort hinstellen“, sage ich und zeige auf das Stück Wand neben der Tür zum Flur. An dem Schreibtisch hänge ich sehr, es ist ein gutes altes Möbelstück, das Popp für mich vom Sperrmüll geholt und restauriert hat. Bereits im zarten Alter von sieben Jahren habe ich meine Schulaufgaben daran erledigt, und ich war das einzige Kind, das einen Schreibtisch wie ein Bankdirektor hatte. Mit Geheimfach!
„Außerdem habe ich drüben im Schlafzimmer eine Schrankwand, die würde gut hierher passen“, fahre ich fort und zeige nun auf die Stelle, wo noch das bücherlose Bücherbord hängt. „Ich könnte Werkzeug und Schulkram rein tun. Und im Schlafzimmer hätte ich dann mehr Platz, wenn ich mal Besuch bekomme, der bei mir übernachten will. Kopfende an Kopfende passen zwei Matratzen in den Raum.“
Pieter geht nach nebenan, um einen zweiten Blick ins Schlafzimmer zu werfen. „Bleibt die Matratze auf dem Boden liegen?“, fragt er.
Das erinnert mich an den Holzhaufen, der den Flur blockiert. „Kannst du vielleicht das Bettgestell für mich verscherbeln? Ich will es nicht mehr haben.“
„Klar“, nickt er. „Das würde aber besser weggehen, wenn du die Matratze noch dazu tust. Nicht jeder hat so eine eindreiviertelbreite Matratze. Wie alt ist die?“
„Ungefähr zwei Jahre alt. Nee, eher drei. Das Gestell … aber das weißt du ja.“
Pieter nickt wieder. „Ich kann ja in die Beschreibung reinschreiben, dass es mit hohem handwerklichem Geschick gebaut worden ist oder so.“
„Da fällt dir schon was ein. Muss es so lange hier bleiben oder nimmst du es mit?“
Wir gehen in den Flur und er denkt halblaut vor sich hin. Das Ergebnis ist: „Lieber wär’s mir, wenn das Zeug hier stehen bleiben könnte. Ich hab zuhause gerade nicht viel Platz. Könnten wir es noch mal aufbauen? Dann mach ich ein paar Fotos davon und häng die an die Beschreibung dran. „Selbstgebautes Bett“, da kann man sich ja wer weiß was drunter vorstellen. Oder gar nichts.“
Ruckzuck ist es im leeren Wohnzimmer aufgebaut, Pieter schießt mit seiner Handykamera einige aussagekräftige Bilder und wir zerlegen es wieder in die Einzelteile. Dabei fällt mir ein: „Unten bei Betty steht übrigens ein Schrank für mich, den irgendwer renoviert haben will. Hilfst du mir beim Schleppen?“

Wir machen uns an die Arbeit, und das ist gut so, denn meine Nachbarin wollte gerade ins Bett gehen. Mühsam bugsieren wir das Möbelstück die enge Treppe hoch und bei mir darf es dann erst mal neben dem zerlegten Bettgestell seiner Zukunft harren. Jetzt kann ich nur noch schlanke Leute zu Besuch empfangen; dicke passen nicht mehr durch den Flur.
„Wobei waren wir vorhin stehen geblieben?“, fragt Pieter sich selbst und geht ins Schlafzimmer, als läge das Ende des roten Fadens da noch herum. „Die Matratze wird nicht auf dem Boden liegen bleiben, weil sie mit dem Bettgestell weggeht. Also brauchst du ein neues Bett. Hast du da schon was geplant?“
„Nein. Ich wollte zuerst mal bloß ‘ne Matratze holen und die auf solche Paletten legen, bis ich Zeit habe, mir was neues zu bauen. Ist auch für die Luftzirkulation besser, dann bildet sich kein Schimmel drunter, wenn ich mal ’nen heißen Traum habe.“
„An was du alles denkst“, murmelt er kopfschüttelnd und geht zurück ins Wohnzimmer.
Während ich hinter ihm hergehe, fällt mir noch etwas ein: „Außerdem könnte man sich so nicht auf die Bettkante setzen, dafür ist es zu niedrig.“
„Wo willst du eigentlich das Bord hinhängen?“, wechselt er das Thema, um mich von meiner Bettgeschichte abzubringen. „Oder fliegt es raus? Du liest nicht besonders viel, du brauchst es nicht“, befindet er kurzerhand, um mich weiter mit seinen Fragen bombardieren zu können: „Und die Sessel und das Sofa? Hast du dir eigentlich mal überlegt, was du hier wohin verschieben willst? Für die meisten Sachen ist kein Platz, und die restlichen Räume sind dann leer.“

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