Als ich die gläserne Auflaufform aus dem Ofen hole, klingelt es. Das wird Pieter sein. Er kündigt sich immer mit einem Klingeln an, anstatt durch die nur zugeklinkte Tür zu gehen. Ich mache die Tür bloß dann richtig zu, wenn ich nicht gestört werden will oder aus dem Haus gehe.
Kaum dass er in der Wohnung ist, höre ich ihn rufen: „Ach du Scheiße, was ist denn hier passiert?! Wo sind deine ganzen Möbel? Hat die etwa alles mitgenommen?!“
Ich muss da wohl was richtig stellen (schließlich haben Helena und ich uns auf diese Verteilung der Sachen geeinigt) und gehe ihm entgegen.
Als er mich sieht, klappt ihm die Kinnlade erst recht runter. „Alter Lachs! Wie siehst du aus?!“ Er beguckt mich von allen Seiten.
„Bei mir war mal ein Imagewechsel dran“, erzähle ich ein Viertel der halben Wahrheit.
Beim Essen ist es wie üblich still, aber ich bemerke, wie er mich immerzu beobachtet. Kein Wunder! Er wird sich erst dran gewöhnen müssen, dass ich wieder wie früher aussehe. Bis vor kurzem bin ich noch ein sehr überzeugter Langhaarträger gewesen.
Nach dem Essen lehnt er sich gemütlich zurück und fragt: „Sollen wir noch ‘ne Runde glotzen oder direkt mit der Arbeit anfangen?“
Ich weiß, dass er lieber erst ein bisschen nichts tun will, muss ihn aber leider enttäuschen. „Ich hab keine Glotze“, erwähne ich wie nebenbei. Hat er nicht gesehen, dass die weg ist?
Mit großen Augen guckt er mich an: „Wie, du hast keine?“ Ich nicke, und er beginnt einen neuen Satz: „Hat sie etwa?“ Wieder kommt er nicht zu Ende, weil ich nicke. Sein abschließender Kommentar lautet: „Die alte Schlampe.“
„Na ja“, mache ich, „Wir haben uns darauf geeinigt. Als Ausgleich hab ich die Stereoanlage behalten. Das Wohnzimmer sieht vor allem so leer aus, weil das ganze Einrichtungszeug weg ist. Bilder, Bücher, Pflanzen und so. Ach, für die Wohnung ist eben auch mal ein Imagewechsel an der Reihe. Und statt zu glotzen, könnte ich dir ja mal zeigen, was ich mir so ausgedacht hab, wie ich mir meine neue Bude vorstelle.“
„Stimmt“, macht er grinsend, „ich bin ja nicht zum Faulenzen gekommen.“
„Als ich eingezogen bin, waren hier alte Dielenbretter, verkratzt und voller Farbkleckse von mindestens drei Renovierungen“, fange ich an und wir gehen ins Wohnzimmer. „Ich fand sie nicht schlimm, aber seit ein paar Jahren ist der Teppich drüber. Der muss raus.“
„Warum willst du den Teppich rauswerfen? Der sieht doch noch gut aus.“
„Ohne Staubsauger wird er es aber nicht mehr lange tun. Ich will nämlich mein Werkzeug und die Säge aus der Schule holen und mir hier eine Werkstatt einrichten.“
Der erste Vorteil daran ist, dass keine Neugiernasen mehr in meinem Eigentum herumkramen (29) und zweitens muss ich, wenn ich privat was zu sägen habe, nicht erst den Hauptschlüssel beim Hausmeister oder bei Andjo abholen, bevor ich mit der Arbeit anfangen kann.
„Aha“, macht er, „und der Staubsauger wohnt seit neuestem in Alkmaar, ja?“
„Haargenau.“
„Dann klingt es nach einer guten Idee, den Teppich rauszuwerfen. Was legst du dann stattdessen auf den Boden? Laminat oder PVC?“
„Igitt! Gar nichts. Ich will die Planken abschleifen.“
„Bist du verrückt? Meine Eltern wollten das auch, Mama sagt, so einen Dreck will sie nie wieder haben. Das staubt unendlich.“
„Außer mir ist niemand mehr da, der sich aufregt“, mache ich ihn freundlich aufmerksam. „Egal über was. Und ich weiß, auf welchen Dreck ich mich einlasse.“
„Was sagt dein Vermieter zu den Plänen?“
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