17. Juni 2016

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„Du wolltest still sein“, erinnert er.
„Sorry.“
„Die Frage ist nämlich nicht, was passiert, wenn du mit Nieke zusammen ziehen willst.“
Was ist die Frage denn sonst, will ich fragen, aber ich darf ja nichts sagen. Aber das muss ich auch nicht mehr. „Ihr werdet also zusammen ziehen.“
„Ja. Ich habe sie gefragt, sie wird mich heiraten. Einen Termin haben wir noch nicht.“
„Warum denn das nicht?“, lache ich, „Drei Wochen reichen doch, um einen Saal zu mieten und mit Toni alles Wesentliche abzusprechen? Und habt ihr auch schon über Kinder gesprochen? Wie viele werdet ihr kriegen? Und der erste Sohn, wie wird der heißen?“
„Jeremy, könntest du aufhören dich darüber zu belustigen, dass es mir angeblich nie schnell genug gehen kann?“
„Ich belustige mich nicht, und es ist auch nicht angeblich so. Aber ich höre auf zu lachen.“ Wenn noch mal einer behauptet, wir wären uns ähnlich, werde ich genau dieses Beispiel zur Untermauerung des Gegenteils bringen. Er ist fünf Wochen mit Merle zusammen und hat ihr einen Heiratsantrag gemacht! Fast will ich mich am Stuhl festhalten, weil ich das Gefühl hab, die Erde dreht sich auf einmal schneller als sonst.
„Als Midi mir gesagt hat, dass ich keine bessere finden werde, habe ich gedacht, sie kennt Merle gerade eine Woche lang, da sagt man so etwas vielleicht. Die beiden und Bogi haben sich gleich sehr gut verstanden. Aber mein Vater … er hat gesagt, sie ist richtig für mich. Ich habe ihn gefragt, wie er das beurteilen will, weil wir ja sehr unterschiedlich sind, also er und ich. Er sagt, dass das stimmt, aber dass ich trotzdem ein Kusturica bin, durch und durch. Und er sieht es immer mehr, je älter ich werde. Und deswegen sagt er, dass sie richtig ist für mich, weil sie sich behaupten kann gegen einen Kusturica. Meine Mutter kann es nicht, und du weißt, wie sie geworden ist.“
Das klingt ja danach, als hätten sie miteinander gesprochen! Das Ende der Kusturica-Eiszeit! Wenn die beiden über ihre Schatten springen, was ist dann noch möglich?
Vorerst muss ich aber wissen: „Warum konntest du noch keinen Termin machen?“
„Weil ich noch nicht mit dir gesprochen hatte. Wie geht das hier im Haus weiter, wenn du alleine wohnst? Das ist zu teuer für eine Person.“
„Wer sagt denn, dass du gehst und ich bleibe? Ich kann mir auch was anderes suchen und Merle zieht zu dir.“(392)
„Nein. Du hast hier alles renoviert und eingerichtet und die Möbel gebaut, es sind deine Sachen. Es ist dein Zuhause.“
„Deins auch!“
Er verdreht die Augen. „Verstehst du nicht, was ich sagen will? Und fang jetzt bitte nicht wieder an, mit meiner Sesshaftigkeit zu argumentieren.“
Hatte ich gar nicht vor … „Wir können ja in der VKR rumfragen. Was tust du, wenn sich jemand meldet, der vor September einziehen will?“ Damit muss ich rechnen, wenn Herr Überholspur-Miloš auf Nachmietersuche geht!
„Was hat das mit September zu tun?“
„Habt ihr euer Septemberversprechen gebrochen?“ Ich darf das nachfragen, auch wenn es mich eigentlich nichts angeht, denn ich habe die ausdrückliche Erlaubnis von beiden, sie zur Rechenschaft zu ziehen.
„Nein. Aber das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Ich kann sie heiraten, ohne sie vorher angefasst zu haben.“
Alter, das ist soo krass! So keusch sind nicht mal Königskinder im Mittelalter verheiratet worden. Gott soll euch doppelt und dreifach dafür segnen, dass euch das Versprechen so wichtig ist. „Willst du sie übrigens nur heiraten, weil deine Sippe es für richtig hält? Was macht ihr, wenn ihre Sippe dagegen ist?“
Er winkt ab, „Ihre Familie ist nicht dagegen. Frans hat mir neulich gesagt, dass es sehr gut war, dass sie alle mich kennen lernen konnten, als ich noch nur der Bassist war. Es haben nämlich auch andere schon festgestellt, dass ich Eric äußerlich ähnlich bin.“
„Der hat sich wohl benommen wie die letzte Sau“, unterbreche ich.
„Davon kannst du ausgehen. Wäre ich zuerst mehr als der Bassist gewesen, hätten sie Vorbehalte gehabt. Aber ich hätte sie sowieso irgendwann gefragt. Dass sie es unterstützen, hat mir einen Schubs gegeben. Vor allem das Gespräch mit meinem Vater. Weißt du, Jeremy … wir haben noch nie so ruhig miteinander gesprochen. Und er klang fast, als wäre er stolz auf mich. Ich weiß nicht, wie er sich auf einmal so verändern konnte.“
„Hat er ja auch nicht. Du hast dich verändert.“
„Ich?“
„Ja. Du arbeitest seit einem halben Jahr jeden Mittwoch zwei Stunden an deiner Beziehung zu deinem Vater. Glaub doch nicht, dass das keine Auswirkungen hat.“
„Aber deswegen ist er ja nicht stolz auf mich, er weiß doch gar nichts von der Seelsorge.“
„Aber er sieht die Ergebnisse. Immer warst du verschlossen und er wusste nicht, wie er an dich rankommen soll. Und dann wohnst du auch noch so weit weg, er sieht dich kaum. Und wenn du da bist, streitet ihr nur oder schweigt euch grimmig an. Ja, und dann, auf einmal nimmst du dir Zeit für ihn, hörst ihm zu – ich als Vater würd mich freuen über so einen Sohn. Noch dazu, wenn er meiner Sippe immer ähnlicher wird. Ist doch toll, sowas!“
Er mustert mich auf seine ganz besondere Miloš-Weise. Wahrscheinlich will er als nächstes wissen, woher ich das alles weiß, weil es genau so ist. Ich lehne mich mental zurück.
„Gut zusammen gefasst“, sagt er schließlich. „Du weißt jetzt also, wie es geht.“
„Ähm … wie was geht?“
„Wie du mit deinem Vater in Beziehung finden kannst. Herzlichen Glückwunsch.“
Das wollte ich nicht hören.





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