3. Juni 2016

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Bis das Essen auf dem Tisch steht, erfahren wir, dass Benji im dritten Semester Brunnenbau und Bewässerungstechnik studiert und sie als Altenpflegerin arbeitet. Vor einem Jahr haben sie geheiratet, aber mit dem Elternwerden warten sie noch bis zum Ende vom Studium. Benji hat ein Praktikum bei einer Firma in Hoorn gemacht und eine Einstellungszusage bekommen, und dort jobbt er auch schon nebenher.
Ebenfalls nebenher betreiben sie die Musik. Eine richtige Band sind sie nicht, sie treffen sich nur zur Anbetung für die Gottesdienste.
„Wenn du möchtest, mach doch mit“, lädt er Miloš ein, „du hast ja heute gesehen, einen Bassisten haben wir nicht, aber es ist noch Platz auf der Bühne.“
„Ach nein“, lehnt der verlegen ab, „ich höre lieber zu.“
Benji grinst. „Es ist nicht deine Musikrichtung.“
Er wird noch verlegener. „Das hat nichts damit zu tun. Aber es ist nicht persönlich.“
Seltsam. So defensiv ist er sonst nicht im Miteinander. Ich bohre mal nach: „Was willst du denn lieber machen?“
„Können wir über unsere Band reden oder die Arbeitsstellen oder die Familie in Bosnien oder etwas ganz anderes?“
Sehr seltsam! Was hat er nur?
Unser Gastgeber greift die Themenwünsche auf. „Bist du oft in Bosnien?“
Während er anfängt, von unserer letzten Fahrt nach Peckovar (und vor allem den Mitfahrern) zu erzählen, rätsele ich immer noch, warum er so ungewöhnlich ausgewichen ist. Sonst macht er das ja viel geschickter.
Jetzt sagt er: „Nein, ich bin fast immer bei Onkel Dragi und seiner Familie gewesen. Der Kontakt ist auch heute noch sehr intensiv. Meine Eltern hatten nicht viel Zeit, mein Vater hatte früher ein Geschäft.“
Der Satz stößt einen Gedanken an: Der Vater, den er nie Papa genannt hat.
Der Vater … Was will mir der Gedanke mit dem Vater sagen? Hat er was zu tun mit dem Ausweichmanöver von eben? Um Einzelteile sinnvoll zusammen zu setzen, wie er es so gerne formuliert, muss man erst mal alle Einzelteile beisammen haben.
Er stößt mich in die Seite. „Sag doch auch mal was!“
„Nein. Keine Zeit.“
„Wie, keine Zeit? Was machst du denn, wenn ich mal so fragen darf?“
„Ich denke drüber nach, warum du nicht Bass spielen willst in der Anbetungsband.“
Er verdreht die Augen und schnaubt. „Jeremy! Wir lösen keinen Krimi! Beteilige dich bitte an der Unterhaltung.“
„Du machst das schon ganz gut ohne mich.“
„Er ist nicht immer so bockig“, entschuldigt er sich bei Benji und beschreibt weiter die Kusinen und ihre Familien. Sieben Kusinen machen was her, erst recht mit -inka und -anka und den Spitznamen. Damit kann nicht jeder aufwarten.
„Womit hat dein Vater eigentlich sein Geschäft gemacht?“, platze ich mitten ins Gespräch.
Miloš guckt mich skeptisch an und fühlt an meiner Stirn. „Hattest du zu wenig Schlaf?“
„Sag es mir einfach. Was hat er verkauft?“
„Eisenwaren. Schrauben, Nägel, Werkzeug, Klempnerbedarf und so weiter.“
„Werkzeug?! Wie konntest du da aufwachsen und kannst heute einen Franzosen nicht vom Engländer unterscheiden?“
„Bitte was?! Mein Vater hat Werkzeug verkauft, keine Menschen!“
„Voll in die Falle getappt. Das ist Werkzeug; Klempnerbedarf im weiteren Sinne.“
„Dann habe ich eben keine Ahnung davon, na und? Bis jetzt bin ich prima ohne dieses Wissen zurecht gekommen. Warum fragst du nach dem Geschäft?“
Ich winke ab. „Sag ich dir nicht.“

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