2. Juni 2016

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Weil Ineke, unser Übernachtungsgastgeber vom letzten Herbst, umgezogen ist, brauchten wir eine andere Schlafstelle und die Leute vom Coec haben uns im Obergeschoss ein Zimmer zugewiesen. Die Nacht war allerdings nicht besonders erholsam.
Das war nämlich so: recht bald nach dem reichlichen Spätimbiss packte mich die Verdauungsschwere und ich bin, Party hin oder her, schlafen gegangen. Zu einem kurzen Dialog mit Nieke über den Zustand ihrer Finger hat es noch gereicht, dann bin ich eingepennt. Irgendwann weckte mich Sloba. Natürlich hatte sie nichts im Sinn mit Nachtschlaf – aber mit Beischlaf! Mit Nieke im selben Raum! Diese Frau hat sie nicht alle!
Weil das ganze Lamentieren nichts brachte, habe ich mein Schlafzeug gepackt und bin abgehauen. Auch wenn es in unserer Garderobe viel lauter war als oben (es gab nämlich zu Merles Freude noch ein paar Stunden Elektrobeats), habe ich mich dort eingeschlossen. Ich habe mir die Ohren verstopft, habe eine Weile übermüdet-hellwach herumgelegen und die Kusturica-Atemtherapie versucht, habe dann eine weitere Weile mit Jesus über Sloba und meine Vorstellungen von Beziehung geredet und danach bin ich endlich eingeschlafen.
Aufgewacht bin ich erst am Morgen, weil Miloš fast auf mich getreten ist. Merle hatte ihm aufgeschlossen und er hatte sich in den Kopf gesetzt, das Rollo zu öffnen, ohne vorher das Licht anzuschalten. Sparsam, sparsam!

Zoran holt uns am frühen Vormittag ab. „Na, wie war es?“, will er wissen.
Merle ist wie immer ziemlich unbeschadet durch die Nacht gekommen und ich frage mich, wie sie das nur macht; immerhin sie ist die älteste von uns!
Sie berichtet: „Du hast echt was verpasst. Es war irre! Noch besser als letzten Herbst. Irgendein Kultursender hat ein Filmteam hier gehabt, aber ich weiß nicht, ob unser Auftritt aufgenommen wurde. Ich frage David Kuiper. Du wirst es sicher zu sehen bekommen.“
Wir verabschieden die Mädels, die beim Einladen keine so große Hilfe sind – Merle hat kurze Arme, Niekes linke Hand ist verbunden und Sloba hält sich vornehm zurück, wenn es um körperliche Arbeit geht. Stattdessen können sie ja was tun, von dem sie mehr verstehen: Kochen. Wir werden das intensive Wochenende in Merles Wohnküche ausklingen lassen. Das haben wir nach dem Auftritt in Amstelveen so gemacht und es wurde gleich in die Liste der Bandtraditionen aufgenommen.
Insofern ist es nicht verkehrt, wenn sie einen kleinen Vorsprung haben.


hundertsiebenundsechzigstes Kapitel

„Was ist denn mit dir passiert?“, frage ich erstaunt, als der Mitbewohner an den Frühstückstisch kommt. Er hat verquollene Augen, die Nase ist ebenfalls rot und trieft. „Wie willst du heute Brot verkaufen?“
„So wie ich es immer mache“, krächzt er.
Ist das immer noch der Rock’n’roll in seiner Stimme? Sonst ist das schneller vergangen. „Ich würd ja sagen, du bist krank.“(300)
„Ach was, das gibt sich gleich beim Laufen. Wo ist Sloba?“

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