„Mit vier. Und du?“
„Wow, mit vier! Ich habe als Kind bei meiner Oma viel von Jesus gehört, aber weil meine Eltern da noch keine Christen waren, habe ich es nicht richtig annehmen können. Als ich fünfzehn war, haben Papa und Mama sich bekehrt und wir Geschwister kurz darauf auch. Und weißt du was, ich glaube, das lag nur daran, dass meine Oma für uns gebetet hat. Später hat sie mir erzählt, dass sie oft nachts wach gelegen hat und den Herrn gebeten hat, dass er auf mich Acht gibt. Als ich endlich bei der Herde war, konnte sie wieder durchschlafen.“
„Lebt sie noch?“
„Ja, es geht ihr gut, obwohl sie schon fast neunzig ist. Die Augen wollen nicht mehr so richtig, aber sie sagt, seit sie weniger von der Welt sieht, sieht sie mehr vom Himmel. Sie ist großartig. Ganz friedlich, voller Liebe, mit ganz fester Gewissheit über Gott.“ Sie lässt eine Pause entstehen, dann will sie wissen: „Und warum hat sich der extreme Miloš ausgerechnet so einen liberalen besten Freund gesucht?“
„Das solltest du ihn besser selbst fragen“, lache ich.
Sie lacht mit. „Meine Frage sollte eigentlich auch mehr in die Richtung gehen, warum du so ein liberaler Christ bist – als Gegenpart zu ihm?“
„Nee. Der geht ja erst seit August mit Jesus. Und ich hab ihm nie gesagt, du musst liberaler sein oder so. Hier und da lässt er sich bremsen, wenn er zu streng mit sich und den lieben Mitchristen umgeht. Er weiß halt vieles noch nicht, zum Beispiel dass es nicht den Weg zu Gott gibt. Na klar, Jesus sagt, niemand kommt zum Vater außer durch mich. Darüber muss man nicht diskutieren. Aber ob ich zu Gott finde, indem ich bei Sonnenaufgang am Strand sitze, ein Festival besuche oder Autorennen fahre, und ob ich in der Beziehung zu ihm wachse, indem ich laute Musik höre oder mich in die Stille zurück ziehe – das muss jeder selber rauskriegen. Im Kindergottesdienst wurde uns damals erklärt, wie man betet. Hinknien, Hände falten, Augen zu. Wenn es dich näher zu Gott bringt, total super, mach das. Für mich war es schrecklich. Ich konnte nie stillsitzen.“
„Merkt man“, unterbricht sie schmunzelnd. „Du klopfst ja auf allem einen Rhythmus, und wenn die Hände mal was anderes tun, trommeln die Füße.“
„Sobald ich die Augen zu hatte, habe ich alles um mich rum viel deutlicher gehört, ich war immer abgelenkt. An Beten war nicht zu denken. Welchen Schluss habe ich daraus gezogen? Gott mag mich nicht, weil ich nicht beten kann, weil ich ja unkonzentriert und zappelig bin.“
„Oh je“, macht sie voller Bedauern.
„Zum Glück hatte mein Opa genug Weisheit, das zu verstehen. Er hat mir erklärt, dass Beten nichts äußerliches ist, sondern dass es im Kopf und im Herzen stattfindet. Und warum ich diese Dinger habe“, ich klopfe mir auf die Beine. „Gott hat sie mir so lang wachsen lassen, damit ich den ganzen Tag rennen kann. Und wenn ich das für Gott mache, ist das wie Beten.“
„Deswegen ist das Schlagzeug dein Anbetungsinstrument.“
„Genau. Wenn ich allein im Proberaum bin, rede ich dabei oft mit Jesus.“
Sie lächelt. „Weißt du, dafür liebe ich Gott. Er ist nicht auf eine Form festgelegt.“
„Nee, er hat die stattdessen alle erfunden.“ Ich stehe auf, „Ich geh rein, was zu trinken holen, soll ich dir was mitbringen?“, frage ich.
„Ein Glas Rotwein, bitte. Halbtrocken. Und irgendwo da, wo ich zuerst gesessen habe, müsste meine Jacke liegen.“
„Nimm solange meine“, biete ich an und habe das Jackett schon ausgezogen.
Sie schlüpft hinein. „Mhm, schön warm.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen