„Klar, aber du kennst ja mein Auto.“
Mit Blick auf Niekes lange Beine sage ich: „Origami für Fortgeschrittene.“
„Ich seh schon, ich muss mir ein größeres Auto zulegen. Ich kenne zu viele Leute mit langen Beinen“, lacht sie. „Und wo wir gerade dabei sind, wo ist eigentlich Miloš?“
„Warum, ist der auch groß?“, will Nieke wissen.
„Nein, der kann mit Merle unterm Tisch spazieren gehen“, lache ich und weiche ihrer Faust aus, „Ich hab ihn heute noch nicht gesehen.“
„Wie geht denn das? Ich denke, ihr frühstückt immer zusammen?“
„Nicht, wenn er früh raus muss.“
Merle ist schon mit ihrem Handy zugange. „Dobbadaan“, begrüßt sie ihn, grinst über etwas, das er sagt und gibt zu: „Stimmt. Jeder das, was er gut kann. Wo steckst du gerade?“ Sie schaltet den Lautsprecher ein und blechern erklingt es aus dem Gerät: „Ich bin unterwegs ins Mijlenver. Warum?“
„Warum weißt du nichts davon?“, fragt sie mich.
„Ach, Jeremy ist auch da. Er weiß nichts davon, weil er den Anrufbeantworter noch nicht abgehört hat.“
„Aha“, macht sie. „Bist du verabredet?“
„Nein, ich fahre alleine hin.“
„Und was gibt es im Mijlenver, dass du mitten in der Woche alleine hinfährst?“
„Ein russischer DJ legt Dubstep auf.“
Okay – da muss man kein Miloš-Kenner sein um zu wissen, dass er die Rückfahrt frühestens für ein Uhr nachts geplant hat. Ich als Miloš-Kenner weiß sogar, dass die Nacht wesentlich länger werden kann, denn zum Einen hat er morgen keine Seelsorge, weil Theodorus die ganze Woche in England unterwegs ist und Vorträge hält. Und zum Anderen ist das Programm allzu verlockend. Der Dubstep ist seine neue Leidenschaft. Natürlich lebt er sie streng wissenschaftlich aus und ich bin sicher, er errechnet beim Tanzen Formeln, um Erkenntnisse für seine nächsten Lieder daraus zu gewinnen.
„Würdest du umkehren?“
„Warum sollte ich das tun? Was glaubst du, wofür ich losgefahren bin?“
„Um zu tanzen und einen netten Abend zu haben.“
„Gut zusammengefasst.“
„Und wenn ich sage, dass ich eine Überraschung für dich habe?“, legt sie ihren Köder aus.
„Dann kann das sicher noch bis morgen warten.“
„Und wenn die Überraschung mit der Band zu tun hat?“
„Was für eine Überraschung soll das sein? Willst du uns mitteilen, dass du schwanger bist und in den nächsten Monaten nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehst?“
„Sollte ich jemals schwanger werden, dann nur von dir!“
Nicht schon wieder!
Merle hat mein Gesicht gesehen (und meinen Gedanken erkannt) und kichert. „Also was ist, kehrst du um?“
„Habe ich mich in der Sprache vertan? Nein, verdammt, ich kehre nicht um!“
„Entspann dich“, besänftigt sie. „Du wirst es dann ja auch nächste Woche Dienstag erfahren, worum es geht.“
„Ganz sicher.“
„Rein aus Höflichkeit könntest du jetzt fragen, was ich heute Abend tun werde.“
Sie ist so ein Fuchs! Sie weiß ganz genau, wie sie ihn zu packen kriegt.
„Aus Höflichkeit?“, vergewissert er sich.
„Ja. Du bist doch so ein höflicher Mensch.“
„Da hast du recht. Also, liebe Merle: Was wirst du heute Abend noch tun?“
Ihr ganzes rundes Gesicht ist Siegesgewissheit. „Och, nichts weiter. Ich fahr mal ein Weilchen in den Proberaum mit Jeremy und Nieke.“
„Wer ist Nieke?“
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