11. November 2015

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Ach du liebe Güte. Als nächstes wird er aus der Musik eine Wissenschaft machen!
Ich lausche seinen Bassläufen und habe keinen Schimmer, von welcher Band sie im Origi­nal stammen. Das sage ich ihm auch nach dem Lied.
„Das war „Give it away“ von den Red Hot Chili Peppers“, löst er das Rätsel auf.
„Aha. Ist es meine CD?“
„Ja. Aber ich konnte dich ja vorher nicht fragen. Du hättest wissen wollen, was ich damit vorhabe.“
„Gut, aber was sagt mir das?“
„Noch gar nichts. Nächster Versuch.“
Er spielt etwas anderes, aber wieder ahne ich nicht, was er auf den Ohren hat. Nur, dass es eine ganz andere Stilrichtung sein muss.
„Das war „Whenever, wherever“ von Shakira.“
Entsetzt gucke ich ihn an, „Warum um alles in der Welt hast du eine CD von Shakira?!“ (Denn ich habe keine!)
„Wieso, die ist doch toll? Total hübsch, super Stimme … was hast du gegen sie?“
Scheint so, dass er das ernst meint … au weia! Wen hab ich mir da ins Haus geholt?
Er legt die dritte CD ein.
Als er aufhört und mich erwartungsvoll anschaut, frage ich: „Ist das von uns? Nein, es ist nicht von uns, aber es ist ähnlich. Spiel noch ein anderes Lied davon.“
Miloš nimmt eine weitere CD und ich bin gefangen zwischen Begeisterung und Panik. Einerseits ist es toll, eine Band zu kennen, die ähnliche Musik macht wie wir – zumindest deren Bassist ähnlich tickt wie unserer, mehr kann ich dazu ja noch nicht sagen – andererseits kann das auch einen Haufen Ärger mit sich bringen, wenn die nämlich behaupten, wir hätten bei ihnen abgeschrieben oder so. Vor allem scheint es die Band ja schon eine Weile zu geben, immerhin hat sie ja offenbar zwei richtige Tonträger aufgenommen. Mindestens.
„Wie heißt die Band?“
„Weißt du es wirklich nicht?“
Es geht mir fürchterlich auf den Keks, wenn er mich so auf die Folter spannt. „Würde ich dann nachfragen?“
„Denk doch mal nach. Die sind auch beide aus deiner CD-Sammlung.“
Ich denke!! Könntest du mir bitte trotzdem sagen, welche Lieder das waren und von wem sie sind?!“
„Bullet the blue–“
„Was?!“, schreie ich fast. „Warum spielst du Bass wie Adam Clayton?“
Er grinst. „Das musst du nicht mich fragen, sondern vielleicht ihn. Ich habe ihn jedenfalls nicht kopiert.“
Das klingt ganz schön vermessen, finde ich.
„Willst du nicht wissen, welches das zweite Lied war?“
„Spiel es erst noch mal.“
Miloš tut mir den Gefallen und jetzt, da ich weiß, welche zusätzlichen Instrumente und vor allem welche Stimme ich mir vorzustellen habe, ist es einfacher. „‚I will follow’“, löse ich auf.
Früher war ich Fan von U2, habe mir jede CD sowie ein paar LPs von ihnen gekauft und beim Europa-Auftakt der Popmart-Tour in der Rotterdamer Kuip war ich auch dabei.(120) Hätte es mir eher auffallen müssen? „Wie bist du auf das alles gekommen?“
„Ich habe eine Weile in der Stadtbücherei verbracht und die halbe Musiksammlung durchgehört. Dann habe ich einige CDs mit hierher genommen und den Basslauf so wie eben separiert und aufgenommen, um ihn danach anzuhören. Die meisten sind stinklangweilig.“
Stimmt. Normale Popmusik hat für Bassisten und Schlagzeuger nicht viel zu bieten. Dabei fällt mir ein: „Und warum hast du diese Versuchsreihe angezettelt? Ich meine … das tut man ja nicht zum Zeitvertreib, sondern weil man irgendwas bestimmtes sucht, oder?“
„Das stimmt. Ich habe nach der Systematik guter Popsongs gesucht.“

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