11. November 2015

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Ich nicke. „Wir proben wie verrückt. Jeden Dienstag fest, Sonntags mit allen Leuten, die Zeit haben und ansonsten, wenn wir uns halt treffen. Beim Miloš ist plötzlich die Kreativität ausgebrochen, der bringt ein neues Lied nach dem anderen mit–“
„Stimmt es“, unterbricht er mich, „dass der jetzt mit Jesus unterwegs ist?“
„Ja, das stimmt.“
„Hast du damit was zu tun?“
„Hauptsächlich hat wohl Jesus was damit zu tun. Scheint so, dass er schon sehr lange auf der Suche war und Fragen zu allem hatte und so. Bei dir hat er einiges gehört, bei Maarten, bei Lisanne, bei mir und sicher auch das eine oder andere bei Mommi. Irgendwann hatte er genug gehört und weil ich gerade da war, hat er mir seine Fragen gestellt.“
„Bei dem bin ich mir nie sicher, wie er über das denkt, was man ihm sagt. Inzwischen ist das besser geworden, aber früher war der mir echt oft unheimlich.“
„Wieso denn das?“
Er grinst. „Wenn du ihn ein bisschen kennen gelernt hast, weißt du, dass er ein friedfertiger Typ ist, aber vorher siehst du nur, dass er aussieht wie ein Schläger.“
„Das stimmt“, grinse ich mit. Allerdings war er mir nie unheimlich – vielleicht, weil wir schnell Gemeinsamkeiten gefunden haben. Vielleicht auch, weil ich anders auf die Menschen gucke als Eelco.
„Um noch mal auf den Auftritt zurück zu kommen – wollt ihr dann einfach so auf die Bühne und vor ich weiß nicht wie vielen Leuten spielen? Ihr habt noch kein einziges Mal öffentlich zusammen gespielt.“
„Na ja, irgendwann ist halt immer das erste Mal.“
„Aber wäre es nicht besser, eine Generalprobe zu veranstalten?“
„Bestimmt wäre das besser. Aber wir können uns nicht noch um einen Auftritt vorm Auftritt kümmern. Und red nicht von den vielen Leuten, ich bin jetzt schon nervös. Zum Glück kann ich mich hinter den Trommeln verstecken und muss nicht die ganze Zeit auf der Bühnenkante rumhampeln.“
Eelco winkt ab. „Du kennst doch diese Musikschule in Hoorn. Da finden oft Konzerte statt. Ich kenn die Frau, die die Pläne zusammenstellt, ich frag sie, ob sie im August noch was frei hat. Dann könnt ihr da mal testen, ob das überhaupt funktioniert, was ihr vorhabt.“
„Danke.“
„Wo probt ihr eigentlich?“, will er dann wissen.
Ungewöhnlich, geht es mir durch den Kopf, dass er das noch nicht mitbekommen hat! Miloš hat doch mit ihm über Bands und so weiter geredet? „Im Industriegebiet Voorland. Oberhalb der Backstube von Stevens Broodjes. Klingel bei den Bäckern, die bringen dich dann rauf.“
„Ach so, deswegen sind wir hier auf einen Kaffee rein“, grinst er.
„Na klar, das steht in unserem Mietvertrag drin, dass wir nur noch bei Steven einkaufen dürfen“, witzele ich.
„Typisch Jeremy. Man sieht sich“, sagt Eelco, nimmt seine Sachen und steht auf.
„Ja, sicher. Und danke noch mal, dass du die Frau in der Musikschule fragst.“
„Ich ruf dich an, wenn ich was weiß.“


sechsundsiebzigstes Kapitel

Wider Erwarten ist mein Freund noch nicht im Proberaum, als ich Freitagabends da ankomme. Ich trommele mich warm und weil ich danach immer noch alleine bin und keine Lust habe, weiter zu warten, lege ich die CD mit der Aufnahme von Miloš’ Höllenlied ein, hole mir den Kopfhörer und die Fernbedienung für die Musikanlage, sichere meine Gehörgänge und los geht’s.

Mittendrin geht die Tür auf, Steven kommt rein und gibt mir sein Telefon. „Für dich.“
Vermutlich gucke ich das Dings an wie ein vom Himmel gefallenes Brötchen oder etwas in der Art, denn Steven grinst: „Sprich einfach rein, es tut nicht weh.“
Ich befreie mein Telefon-Ohr(116) und frage ein erstauntes „Ja?“

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