„Wenn wir auftreten, ist es noch zu hell für ein Feuerwerk“, werfe ich ein.
„Mit dir auf einer Bühne wäre mir das auch viel zu gefährlich! Ich meine ein Feuerwerk im übertragenen Sinne. Zum Beispiel wenn wir auf die Bühne kommen und auch mal so zwischendurch, bei einem Solo oder so.“
„Gute Idee“, unterbricht jetzt Miloš, „ich hab nämlich schon überlegt, was du tust, wenn ich ein Lied singe. Dein Serbisch ist ja vermutlich nicht so besonders.“
„Du hast ein Lied mitgebracht?“, ruft Lisanne, und zugleich ich: „Hast du es dir ausgedacht oder ist das wieder so ein Folklore-Ding?“
„Nein, das ist von mir“, sagt er, stimmt sein Instrument und fängt an.
Das Lied hat alles, was ein Gassenhauer braucht. Wir verstehen zwar kein Wort, aber die Melodie ist einfach und der Rhythmus mitreißend. Nach dem ersten Durchlauf schließen Lisanne und ich uns an.
Als wir aufhören mit der Improvisation, fragt Merle nach dem Inhalt.
Miloš’ Gesicht leuchtet auf einmal, stärker noch als gestern früh. „Es heißt пакао(114), Hölle. Es handelt davon, dass ich ein guter Mensch sein kann, der keine Banken überfällt, keine Frauen schlägt und den Omas die Handtaschen nicht klaut, und trotzdem werde ich in die Hölle kommen, wenn das Leben am Ende ist, weil ich Jesus nicht als meinen Herrn angenommen habe. Das ist der einzige Weg zum ewigen Leben, und das bisschen habe ich nicht getan. Aber in der letzten Strophe habe ich es doch getan, und Jesus wird mein Freund.“
„Ist das wahr?“, fragt Lisanne leise. „Hast du wirklich Jesus in dein Herz aufgenommen?“
„Ja.“
Auf einmal hat sie Tränen in den Augen. „Ich habe so lange dafür gebetet. Oh, Miloš, ich freu mich so.“ Sie geht zu ihm hin und umarmt ihn.
„Warum hast du dafür gebetet?“, fragt er verwundert. „Und seit wann?“
„Seit du in die Jesus-Pop-Band gekommen bist. Und warum? Wenn nur ein Mensch, den ich lieb habe, durch mein Gebet zum Glauben kommt – dafür lohnt sich die ganze Beterei. Vielleicht bin ich der einzige Mensch auf der Welt, der für einen anderen eintritt. Ich könnte es nicht ertragen, auch nur einen in Ewigkeit vermissen zu müssen.“
„Das klingt alles ein bisschen verrückt“, sagt Merle, „aber … betest du auch für mich?“
„Seit dem Tag, an dem du das erste Mal hier warst.“
„Puh“, macht sie, „mir wird ganz anders. Können wir vielleicht einfach weiter Musik machen? Wir haben noch irre viel zu tun bis zum Auftritt.“
„Ja, lass uns das Lied noch mal spielen“, stimme ich zu. Ich habe nicht gewusst, dass Lisanne so eine Beterin ist.
„Wir könnten den Refrain aufnehmen und dann übe ich, wie das klingt und kann dann mitsingen“, denkt Merle vor sich hin.
„Ich kann es auch aufschreiben. Serbisch, in Übersetzung und wie man es ausspricht. Es kann nie schaden, ein bisschen serbisch zu können“, grinst er.
„Vielleicht machen wir ja mal eine Tournee durch Bosnien, Serbien und Kroatien. Dann können die Leute da auch niederländisch lernen.“
„Na ja, also erst mal müssen wir den Tag in Almere hinter uns bringen. Theo – das ist mein Bruder – ist schon an der Homepage dran, und der andere Bruder, Maurice, hat gesagt, wir dürfen in der Musikkneipe von einem seiner Freunde auftreten.“
„Ich wusste gar nicht, dass du so viele Geschwister hast.“
„Zwei Brüder sind nicht viele. Ich habe auch noch drei Schwestern. Die eine heißt Polly, hat drei Kinder und jetzt eine aufgeräumte Garage, die andere heißt Pippi, ist Modedesignerin und lebt in London und die dritte züchtet Schafe auf dem Hohen Venn, das ist Sylvie, aber mit der haben wir nicht viel Kontakt.“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen