Das erste, was mir darauf zu sagen einfällt, ist: „Uff.“ Immer mal wieder habe ich in den letzten Wochen darüber nachgedacht, wie ich ihn an Jesus heranführen kann, ohne dass er sich total komisch vorkommt, und dabei arbeitet Jesus schon seit langer Zeit in ihm. „Womit soll ich anfangen?“, frage ich dann, „Das waren ziemlich viele Fragen auf einmal.“
Miloš grinst. „Zum Beispiel könntest du mir als erstes erklären, warum du überhaupt an den Gott glaubst.“
„Hm“, mache ich, dabei kommt mir eine ganz einfache Lösung: „Ich bin mit dem Glauben aufgewachsen.“
Als hätte er mit dieser Antwort schon gerechnet, entgegnet er sofort: „Das reicht mir nicht. Du hättest mit sechzehn sagen können, ich will das nicht mehr. Mit sechzehn hinterfragst du alles, was deine Eltern machen. Warum glaubst du also?“, wiederholt er.
Ich denke etwas ausführlicher nach. „Ich denke, es ist so: Nach meiner Überzeugung hat Gott die ganze Welt gemacht und mich auch. Das heißt, er kennt sich mit allen Dingen aus und hat den Überblick, auch wenn’s ziemlich drunter und drüber geht. Für mich ist das ein großer Trost, weil ich dann nicht alleine gegen alles zu kämpfen habe. Jesus ist mein Freund und ich kann mit ihm reden, als wäre er ein ganz normaler lebendiger Mensch. Und alles in allem glaube ich, ich hätte mich schon längst umgebracht, wenn ich nicht wüsste, dass Gott mich liebt.“
„Oh“, macht er, „warum? Ich hätte nicht gedacht, dass du einer bist, der sich umbringt.“
„Na ja, bis jetzt hab ich das ja auch noch nicht gemacht. Aber das Leben spielt einem schon mal übel mit. Da ist es gut zu wissen, dass man nicht alleine ist. Wenn ich keinen Gott hätte, müsste ich mich überall alleine durchbeißen oder mich darauf verlassen, dass Menschen für mich da sind.“
Miloš bleibt bei einem Vogelkadaver stehen und stupst mit dem Fuß dagegen. „Ist es also eine Entscheidung der Vernunft?“
Ich halte neben ihm an. „Nein, ist es nicht. Zumindest nicht nur. Ich habe mich zwar mit meiner Vernunft dafür entschieden, mein Leben mit Gott zu machen, aber ich kann andere Menschen nicht mit Vernunft überzeugen. Sie müssen das selber beschließen. Man kann den Glauben, also den Grund des eigenen Glaubens, nicht erklären. Es sind persönliche Erlebnisse, die sich nicht wissenschaftlich erklären lassen.“
„Aha“, macht er und nickt. „Nächste Frage. Warum redest du nie von deinem Glauben?“
„Na ja, weil es eben meine persönlichen Empfindungen sind. Mommi glaubt an denselben Gott und hat andere Erlebnisse.“
„Aber warum sagt dann Eelco, dass ich unbedingt auch glauben muss? Wenn es sich doch nicht einheitlich erklären lässt?“
„Eelco und sein Glauben an Gott ist ein anderes Kapitel, darüber können wir später reden“, lenke ich ab. Ich will nicht über Eelco nachdenken. Ich verlasse den schmalen Sandstreifen und steuere den Deich an. Diese Wanderung scheint ja noch eine Weile zu dauern.
Miloš lacht und folgt mir. „Du bist immer noch böse auf Eelco? Ich habe ihn neulich getroffen und wir haben über Musik und Bands und so gequatscht. Er sagt, er ist nicht mehr böse auf dich.“
Was will er mir verziehen haben? Das finde ich lächerlich, aber es passt zu Eelco und seinem selbstgefälligen Getue. Er dreht die Sache zwischen uns so, dass er mir großzügigerweise verzeiht und damit den schwarzen Peter zuschiebt. Ganz toll.
„Warum redest du nie von deinem Glauben?“, holt Miloš mich in die angenehme Realität zwischen blökenden Deichschafen und segelnden Möwen zurück.
„Es sieht nicht gut aus, wenn man immer von seinem Glauben redet und was anderes lebt, als das, wovon man redet“, lasse ich ein wahres Satzungetüm los, „Besser ist es, wenn man nicht davon redet und dann den Glauben lebt. Und wenn man dann mal nicht so nach dem Glauben lebt, fällt es nicht so sehr auf, weil man nicht dauernd davon redet.“
„Machst du das also nur so, weil Eelco es anders macht?“
„Lass doch mal Eelco aus dem Spiel“, beschwere ich mich ärgerlich. „Das hat überhaupt nichts mit ihm zu tun!“
„Aha“, macht Miloš und ich sehe ihm an, dass er vom Gegenteil überzeugt ist.
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