3. Juni 2016

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Alannah entdeckt mich trotzdem sofort. „Hallo Jeremy Willem“, singt sie in ihr Mikro, „wie schön, dass du da bist! Komm doch nach vorne!“
Kaum dass ich an der Bühnenkante angekommen bin, will Benji wissen: „Wolltest du nicht zwei Wochen weg sein?“
„Nein, eine Woche mit zwei Wochenenden, aber wir sind früher heimgekehrt und Miloš ist gleich wieder zur Arbeit gerannt, da dachte ich, muss ich nicht alleine zuhause rumhängen.“
„Machst du heute wieder mit?“
„Oh ja bitte, mach wieder mit!“, reden alle durcheinander.
„Ist ja gut, ist ja gut“, besänftige ich sie. „Was habt ihr denn heute vor?“
Alannah gibt mir die Liste der Lieder, die sie vielleicht spielen werden, die Reihenfolge entscheidet sich dann spontan. „Kennst du die Lieder?“
„Vom Titel her kein einziges.“
„Schade“, macht die Saxophonistin bedauernd, „dann müssen wir ohne dich spielen. Dabei klang es vor zwei Wochen so toll!“
„Da kannte ich auch kein Lied. Sag bitte noch mal deinen Namen.“
„Sammy. Was hast du gespielt, wenn du kein Lied kanntest? Es klang total gut.“
„Ich trommel einfach irgendwas zu dem, was ihr macht.“
„Wie geht denn das?“
„Man muss nur improvisieren können. … Moment mal, du spielst Saxophon und weißt nichts vom Improvisieren?“
„Warum, muss ich das wissen?“
„Lass uns nach dem Gottesdienst darüber reden.“ Ich zeige zur Uhr, es ist halb neun. Die Bandmitglieder verfügen sich auf ihre Plätze(328) und ich zähle vor.

Das musikalische Niveau kratzt an dem der Jesus-Pop-Band, als Miloš, Lisanne und ich noch dabei waren. Aber es gibt einen großen Unterschied zu Eelcos Truppe und zu allen anderen Anbetungsbands, denen ich bisher zugehört habe. Diese Musiker treffen sich ausschließlich zur Anbetung. Mal zu sechst, mal nur zu zweit. Die Personen und die Instrumente sind überhaupt nicht wichtig, die Herzenshaltung zählt.
Und deshalb bin ich hier. Meinen Perfektionismus und die ganzen verrückten Experimente lebe ich bei den Donnerdrummels aus, sie wären hier völlig fehl am Platze und würden die anderen vermutlich heillos überfordern. Und es ist gut, dass ich die Donnerdrummels habe, denn vom musikalischen Stand her würde mich das Projekt nicht glücklich machen.
Das ist der Punkt. Ich bin nicht hier wegen der Musik. Ich bin hier, um Gott die Ehre zu geben, um meinen Teil dazu beizutragen, dass andere Leute Gott mit Musik anbeten können.

Nach dem Gottesdienst leihe ich mir ein Handy und rufe Sloba an. Sie geht nicht ans Telefon. Miloš ist auch noch nicht daheim. Also vertiefe ich mich mit Sammy und Mark, dem anderen Gitarristen, ins Thema der Improvisation.
Irgendwann will der Hausmeister abschließen und wir weichen in den Proberaum aus.

„Ich hatte mal eine Band“, sagt Mark, als wir in unserer Tropenstube angekommen sind, „aber so krasses Zeug hatten wir nicht. Ihr habt ja unheimlich viel Equipment.“
„Das steht hier, weil wir keinen Lagerraum haben. Und das meiste ist auch nur geliehen.“
„Aber was macht ihr damit?“
„Wir nutzen es bei Auftritten.“
„Ihr tretet auf? So richtig? Vor Leuten, die Eintritt zahlen?“
Ich lache über Sammys Erstaunen, „Ja.“
„Kann man sich das mal angucken?“
„Na klar. Wir haben gerade keinen Termin, aber wenn es einen gibt, sag ich Bescheid.“

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