„Es war kein Befehl, sondern–“ Sie lacht schon wieder. „Du siehst furchtbar süß aus, wenn du so rote Ohren hast. Wie lange dauert es noch bis zu den Maiferien?“
„Siebenundfünfzig Tage.“
„Rechnest du das jeden Tag neu aus oder woher wusstest du das so schnell?“
„Ich habe es gerade ausgerechnet.“
„Aha. Aber der Tag ist ja schon mehr als halb rum, also sind es sechsundfünfzig.“
Jetzt geht die Terrassentür auf, Miloš betritt das Haus, verliert wie üblich auf dem Weg zum Sofa seine Einzelteile, vertreibt Cokko (und dessen Einzelteile) und breitet sich aus.
„He!“, beschwert der sich, „Kannst du vielleicht mal sagen, was du willst?“
Ich habe den Computer rechtzeitig so geschoben, dass sie freien Blick auf die Szene hat. Man muss die Sprache nicht verstehen um zu wissen, was die beiden reden. Das heißt, es redet ja nur Cokko. Sloba findet es äußerst amüsant, aber ich habe zur heimischen Deeskalation den Ton abgestellt.
„Er hat nur ein bestimmtes Kontingent an Wörtern für jeden Tag und die meisten davon verpulvert er beim Brotverkaufen. Es war keins übrig, um dich zu bitten, da wegzugehen“, übersetze ich meinem Bruder.
„Aha“, macht der ärgerlich und liest seine Sachen vom Fußboden auf. „Und das bleibt den ganzen Abend so?“
„Nein, ich sagte doch, dass er die meisten da verbraucht. Die Reserve wird gerade aktiviert, aber das geht nur auf dem Sofa.“(280)
„Sehr witzig“, brummt er und kommt zum Tisch, wo er seinen technischen Kram zusammenpackt. „Sag deiner Schnalle, sie soll aufhören zu gackern. Außerdem hättest du mich vorwarnen können.“
„Tut mir leid, ich war abgelenkt.“
Nun grinst er schon wieder. „Nackte Tatsachen.“
Eilig klappe ich den Rechner zu und er bemerkt trocken: „So kann man ein Gespräch natürlich auch beenden.“
„Wieso?“
„Weil die Verbindung jetzt abgebrochen ist.“
„Oh.“
„Aber du weißt ja alles, was man wissen muss, um ein neues Gespräch anzufangen.“
Miloš meldet sich zu Wort: „Jeremy, hast du etwas gekocht?“
„Aha“, lästert Cokko, „damit befasst sich also diese Reserve. Essen. Hätte ich mir denken können, schließlich seid ihr beide gleich verfressen, sagt Marjorie.“
Ich wische die Bemerkung mit einer Handbewegung weg. „Nur für zwei Leute, und das ist aufgegessen. Hast du Wünsche?“
„Hast du Frühstücksspeck im Haus?“
„Nein, aber Kochschinken.“
„Machst du mir Speckpfannkuchen?“
„Willst du auch welche?“, frage ich Cokko.
„Au ja!“
„Herzlich willkommen im Club der Verfressenen“, kontert Miloš.
„Na hör mal. Es wäre Energieverschwendung, wenn er nur welche für dich macht.“
Den dienstäglichen Feierabend beginne ich im Supermarkt. An der Fleisch- und Wursttheke tippt mich jemand von hinten an. Ich schaue mich um, es ist Lisanne! „Hallo“, begrüße ich sie. „Du stehst zwischen Lebensmitteln, geht es dir also besser?“
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